Das Geld verschwinden lassen

Schädigt der Schuldner einen Gläubiger durch eine Rechtshandlung (bspw. Rückzahlung eines Darlehens), so unterliegt diese Handlung der Absichtsanfechtung, wenn sowohl die objektiven Voraussetzungen (Schädigung des Gläubigers) als auch die subjektiven Voraussetzungen (Schädigungsabsicht sowie Erkennbarkeit) vorliegen. Damit die Absichtsanfechtung geltend gemacht werden kann, muss die Handlung innert der Verdachtsfrist getätigt worden sein und innert der Klagefrist eingeklagt werden. Aus prozessualer Sicht ist insb. darauf hinzuweisen, dass sich die Klage gegen den Vertragspartner oder begünstigten Dritten richtet. Eine erfolgreiche Absichtsanfechtung hat keine materiellrechtliche Wirkung, sondern führt zu einer Pflicht zur Rückgewähr. Die Absichtsanfechtung ist zudem von der Überschuldungsanfechtung und Schenkungsanfechtung zu unterscheiden.  

Anfechtbare Rechtshandlungen

Bei der Absichtsanfechtung ist der Begriff der anfechtbaren Rechtshandlung weit gefasst. Gemäss Rechtsprechung handelt es sich hierbei bspw. um folgende Rechtshandlungen:

  • Forderungsabtretungen (BGer 5C.268/2001 E. 2)
  • Veräusserung einer Liegenschaft bei gleichzeitiger Vereinbarung eines Wohnrechts (BGE 130 III 235 E. 2);
  • Tausch von Forderungen mit Wertunterschied (BGer 4C.262/2002, E. 4);
  • Rückzahlung eines Darlehens (BGE 99 III 27 E. 5);
  • Klageanerkennung, Vergleich oder Unterlassung von prozessualen oder betreibungsrechtlichen Vorkehren (KUKO SchKG, Umbach-Spahn/Bossart, Art. 288 SchKG N 2)

Schädigung der Gläubiger

Das objektive Kriterium der Anfechtungsklage ist die Schädigung des Gläubigers durch die angefochtene Handlung. Die Schädigung tritt dadurch ein, dass das Vollstreckungsergebnis oder der Anteil des Gläubigers daran vermindert wird. Es reicht zudem aus, wenn nur ein einziger Gläubiger geschädigt ist, damit die Anfechtungsklage erhoben werden kann (BGE 101 III 92 E. 4a).

Ausgewählte Problemstellungen

Tilgung von fälligen Schulden

Tilgt der Schuldner fällige Schulden, so führt dies zu einer Schädigung der anderen Gläubiger, wenn er dadurch nicht mehr in der Lage ist, seine anderen Verpflichtungen zu erfüllen (BGE 99 III 27 E. 4).

Keine Schädigung

Es liegt jedoch keine Schädigung vor, wenn der Schuldner durch die angefochtene Rechtshandlung eine gleichwertige Gegenleistung erhält. Dies liegt bspw. in folgenden Fällen vor:

  • Erhalt eines Darlehens gegen Pfandbestellung (BGE 53 III 78);
  • Lieferung von Waren auf Kredit gegen Pfandbestellung (BGE 63 III 150 E. 3);
  • Veräusserung gegen vollen Gegenwert (BGE 65 III 142);
  • Zinszahlungen während dem laufenden Darlehen zur Sicherung der Wertüberlassung (BGE 136 III 247 E. 5 f.).

Es gilt zu beachten, dass eine Gegenleistung stets ein Vermögensbestandteil, Waren oder Geld ist. Erwirbt der Schuldner hingegen eine Forderung oder tilgt er bloss eine Forderung, so fehlt es an der Gegenleistung (BGE 99 III 27 E. 4), weshalb eine Absichtsanfechtung möglich ist.

Synallagmatische Verträge

Bei synallagmatischen Verträgen kommt es auf den Zeitablauf an. Es liegt dann keine Gläubigerschädigung vor, wenn die zu erbringende Gegenleistung gleichwertig und entweder Zug um Zug erfüllt wird oder nach Erhalt der Leistung des Schuldners. Eine Vorleistung schadet demnach.

Rückzahlung von Darlehen

Eine Rückzahlung von Darlehen ist keine Gegenleistung für die Darlehensgewährung (das wären die Zinsen), weshalb eine Rückzahlung eine Gläubigerschädigung darstellen kann. 

Schädigungsabsicht des Schuldners

Konnte und musste der Schuldner voraussehen, dass die angefochtene Handlung Gläubiger benachteiligt oder einzelne Gläubiger bevorzugt, so liegt eine Schädigungsabsicht vor (Art. 288 SchKG). Es reicht aus, wenn der Schuldner die Schädigung als Eventualvorsatz in Kauf nimmt. Die Schädigung muss jedoch nicht der Zweck des Rechtsgeschäft sein. Bei Sanierungen gilt insb., dass die Sanierungsbemühungen als Erfolg versprechend erscheinen müssen und dass das angefochtene Darlehen zum Zweck der Sanierung und somit im Interesse der übrigen Gläubiger gewährt wurde. Es erfolgt somit eine gemeinsame Betrachtung der Aufnahme und der Rückzahlung des Darlehens (BGE 134 III 452 E. 5.3).

Erkennbarkeit der Schädigungsabsicht

Die Schädigungsabsicht des Schuldners musst im Zeitpunkt der Rechtshandlung, welche zur Absichtsanfechtung führt, für den begünstigten Dritten erkennbar gewesen sein. Dies bedeutet, dass er die Schädigungsabsicht bei gebotener Sorgfalt und Aufmerksamkeit hätte erkennen können (BGer 5C.3/2007 E. 3.4), wobei blosse Fahrlässigkeit genügt (BGE 134 III 452 E. 8.4).

Begünstigung von Nahestehenden

Erfolgt die Schädigung zugunsten einer nahestehenden Person des Schuldners, so trägt diese nahestehende Person die Beweislast dafür, dass sie die Schädigungsabsicht nicht erkennen konnte (Art. 288 Abs. 2 SchKG

Grundsatz

Die Handlung, welche mit der Absichtsanfechtung angefochten werden soll, muss innerhalb von 5 Jahren vor der Pfändung oder der Konkurseröffnung erfolgt sein (Art. 288 Abs. 1 SchKG). Es wird dabei auf das Datum abgestellt, an welchem die Wirkungen der Rechtshandlungen eintreten (KUKO SchKG, Umbach-Spahn/Bossart, Art. 288 SchKG N 16).

Fristverlängerung

Nachlassstundung

Bei Vorliegen einer Nachlassstundung verlängert sich die Verdachtsperiode bei der Absichtsanfechtung um die Dauer der Nachlassstundung. Es wird dabei auf das Datum der Bewilligung der (provisorischen) Nachlassstundung abgestellt (BSK SchKG II, Staehelin A., Art. 288a N 4). (Art. 288a Ziff. 1 SchKG)

Konkursamtliche Liquidation

Bei einer konkursamtlichen Liquidation einer Erbschaft wird die Frist zwischen dem Todestag und der Anordnung der Liquidation nicht mitberechnet (Art. 288a Ziff. 2 SchKG).

Betreibung

Bei einer Betreibung auf Konkurs führt nur diejenige vorgängige Betreibung zum Fristenstillstand, welche zur Konkurseröffnung geführt hat (BSK SchKG II, Staehelin A., Art. 288a N 11). Das Gesuch um Konkurseröffnung ohne vorgängige Betreibung sollte dem gleichzusetzen sein (BSK SchKG II, Staehelin A., Art. 288a N 12). Bei einer Betreibung auf Pfändung ist nur diejenige Betreibung massgebend, welche zur Pfändung geführt hat. Die Fortsetzung basierend auf einem Pfandausfallsschein innert Monatsfrist sowie auf einem Pfändungsverlustschein innert 6 Monaten führt zu einem Fristenstillstand in dieser Zeitperiode. (Art. 288a Ziff. 3 SchKG)

Weitere Gründe

Es gibt folgende weitere Gründe, welche zu einem Fristenstillstand bzgl. der Verdachtsfristen führen:

Grundsatz

Die Klagefrist ist bei der Absichtsanfechtung von der Verdachtsfrist abzugrenzen. Damit eine Handlung mittels Absichtsanfechtung angefochten werden kann, muss sie während der Verdachtsfrist getätigt worden sein und während der Verwirkungsfrist eingeklagt werden. Die Verwirkungsfrist ist eine 2-jährige und hat unterschiedliche Starttermine, je nach Exekutionstyp. Da es sich um eine Verwirkungsfrist handelt, kann sie nicht unterbrochen werden. (Art. 292 SchKG)

Spezialexekution

Bei der Betreibung auf Pfändung startet die zweijährige Verwirkungsfrist der Absichtsanfechtung mit der Zustellung des Pfändungsverlustscheins (Art. 292 Ziff. 1 SchKG). Bei verschiedenen Betreibungen führt dies demnach zu einem unterschiedlichem Beginn der Verjährungsfrist.

Generalexekution

Bei der Betreibung auf Konkurs startet die zweijährige Verwirkungsfrist der Absichtsanfechtung mit der Konkurseröffnung (Art. 292 Ziff. 2 SchKG). Die Verjährungsfrist startet für alle Kläger gleichzeitig. Beim Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung startet die zweijährige Verwirkungsfrist der Absichtsanfechtung mit der Bestätigung des Nachlassvertrags (Art. 292 Ziff. 3 SchKG).

Wahrung der Frist

Damit die Verwirkungsfrist der Absichtsanfechtung gewahrt wird, muss die Anfechtungsklage entweder rechtzeitig beim Handelsgericht (ohne Schlichtungsverfahren) eingereicht werden, falls der Kanton ein solches Handelsgericht vorsieht (Art. 6 ZPO) und die Voraussetzungen erfüllt sind, oder das Schlichtungsgesuch rechtzeitig beim ordentlichen Gericht angebracht wurde. Wurde ein Schlichtungsgesuch beim ordentlichen Gericht eingereicht, so muss zudem die Klage innert 3 Monaten nach Klagebewilligung eingereicht werden (Art. 209 Abs. 3 ZPO). Wurde die Klage beim unzuständigen Gericht eingereicht, so kann die Frist gewahrt werden, wenn die Klage am richtigen Gericht innert einem Monat eingereicht wird (Art. 63 ZPO).

Unterbrechung der Frist

Die Verwirkungsfrist der Absichtsanfechtung kann nicht unterbrochen werden (Art. 135 OR).

Wiederherstellung der Fristen

Wurde eine Frist unverschuldet verpasst, so tritt eine 10-tägige Frist (Art. 33 Abs. 4 ZPO) seit Wegfall des Hindernisses an die Stelle der zweijährigen Frist (BSK SchKG II, Bauer, Art. 292 N 11). 

Gerichtsstand

Nationaler Sachverhalt

Die Anfechtungsklage ist am Sitz oder Wohnsitz des Schweizer Beklagten zu erheben (Art. 289 SchKG).

Internationaler Sachverhalt

Im internationale Verhältnis bestimmt sich der Wohnsitz des Beklagten nach Art. 20/21 IPRG. Liegt somit ein ausländischer Wohnsitz oder Sitz des Beklagten vor, so liegt der Gerichtsstand bei einer Anfechtungsklage im Konkurs oder aufgrund einer Nachlassliquidation am Ort des Konkurses oder der Nachlassliquidation (Art. 289 SchKG). Das LugÜ und IPRG findet für die Bestimmung des Gerichtsstandes somit keine Anwendung (BGE 131 III 227 E. 3.2). Beruht die Anfechtungsklage auf einem Pfändungsverlustschein, so kommt nicht das Gericht des Vollstreckungsortes (Art. 22 Ziff. 5 LugÜ) zur Anwendung, sondern die allgemeinen Gerichtsstände (Art. 2 ff. LugÜ) und unter Umständen auch der Delikts-Gerichtsstand (Art. 5 Ziff. 3 LugÜ).

Klage durch ausländische Konkursmasse

Damit eine ausländische Konkursmasse eine Anfechtungsklage erheben kann, welche sich auf Vermögenswerte in der Schweiz richtet, muss sie dazu vorgängig einen Schweizer Minikonkurs einleiten (Art. 166 IPRG). Diesfalls ist die inländische Konkursverwaltung für die Anhebung der Anfechtungsklage legitimiert. Verzichtet die Konkursverwaltung darauf, steht dieses Recht den Konkursgläubigern zu (Art. 260 SchKG) und erst danach der ausländischen Konkursverwaltung oder einem von dieser ermächtigten Konkursgläubiger.

Anerkennung ausländischer Anfechtungsurteile

Ausländische Anfechtungsurteile, die im Rahmen eines Konkurses ergangen sind, werden in der Schweiz nicht anerkannt (BGE 129 III 683 E. 3 ff.), weil dazu ein Schweizer Minikonkurs nötig ist (Art. 166 ff. IPRG). Ein ausländisches Anfechtungsurteil (bspw. aufgrund einer Absichtsanfechtung) soll gemäss herrschender Lehre jedoch in der Schweiz anerkennt werden, wenn es im Zusammenhang mit einer Betreibung auf Pfändung (sog. Spezialexekution) ergangen ist (Art. 32 LugÜ).

Aktivlegitimation

Betreibung auf Pfändung

Zur Klage aufgrund der Absichtsanfechtung ist jeder Gläubiger legitimiert, der einen provisorischen (Art. 115 Abs. 2 SchKG) oder definitiven Pfändungsverlustschein (Art. 115 Abs. 1 SchKG i.V.m. Art. 149 SchKG) erhalten hat. Der provisorische Verlustschein wird ausgestellt, wenn gemäss der Schätzung nicht genügend pfändbare Gegenstände vorliegen. Dies führt nicht zum Abschluss des Betreibungsverfahrens, sondern bspw. zu einem Recht auf Nachpfändung und der Legitimation zur Anfechtungsklage. Der definitive Pfändungsverlustschein wird hingegen ausgestellt, wenn überhaupt keine pfändbaren Gegenstände vorliegen oder die Verwertung zu einem ungenügenden Erlös geführt hat. Dieser Verlustschein stellt einen provisorischen Rechtsöffnungstitel dar, welcher zur Anfechtungsklage legitimiert und zu einem Fortsetzungsbegehren innert 6 Monate berechtigt.

 

Betreibung auf Konkurs

Desweiteren ist die Konkursverwaltung sowie die Konkursgläubiger bei Abtretung der Forderung aktivlegitimiert. (Art. 285 SchKG)

Passivlegitimation

Vertragspartner

Die Anfechtungsklage (bspw. aufgrund einer Absichtsanfechtung) richtet sich gegen den Vertragspartner des Schuldners. Die Klage richtet sich auch dann gegen ihn, wenn er nicht mehr im Besitz der Zuwendung oder des Vorteils ist und geht diesbezüglich auf Wertersatz.

Begünstigte

Die Klage kann sich auch gegen diejenigen Personen richten, die direkt oder indirekt begünstigt wurden, solange diese die subjektiven Voraussetzungen der Absichtsanfechtung erfüllen (BSK SchKG II, Staehelin D., Art. 290 N 5). Eine solche Anfechtungsklage kann sich daher bspw. gegen eine Bürgen (BGE 51 III 204 E. 2), einem Dritten bei einem Vertrag zugunsten Dritter (Art. 112 OR) oder einem Leistungsempfänger bei einer Anweisung (Art. 466 ff. OR) richten.

Universalsukzession

Das Recht auf Durchsetzung der Absichtsanfechtung richtet sich auch gegen die Universalsukzessoren des Begünstigten oder Vertragspartners (bspw. durch Erbschaft oder Fusion).

Singularsukzession

Die Absichtsanfechtung kann zudem stets auch direkt gegen bösgläubige Singularsukzessoren erhoben werden, welche den Vermögenswert vom Vertragspartner oder Begünstigten erworben haben (BGE 51 III 204 E. 2). Der gutgläubige Erwerb durch den Singularsukzessor schliesst die Anfechtungsklage gegen ihn jedoch aus (BSK SchKG II, Staehelin D., Art. 290 N 7). 

Rechtskraft

Eine erfolgreiche Anfechtungsklage (bspw. aufgrund einer Absichtsanfechtung) hat keine materiellrechtliche Wirkung. Der Dritte bleibt aus zivilrechtlicher Sicht Eigentümer der erworbenen Sache. Er hat aber die Beschlagnahme und Verwertung zu dulden (BGE 115 III 138 E. 2a).

Rückgewähr

Grundsatz

Die Rückgewähr des erworbenen Sache hat primär in Natura (d.h. Hauptbegehren) zu erfolgen und lautet subsidiär (d.h. Eventualbegehren) auf Wertersatz (BGE 135 III 513 E. 9.1). Der Wertersatz bei der Absichtsanfechtung ist eine Verschuldenshaftung (Art. 97 OR), weshalb sich der Vertragspartner oder Dritte mit dem Nachweis befreien kann, dass ihn an der Unmöglichkeit oder Wertverminderung kein Verschulden trifft. Die Höhe des Wertersatzes richtet sich nach dem Zeitpunkt der Weiterveräusserung, Untergang oder Verbrauchs (BGE 132 III 489 E. 3.3.2). Ist der Beklagte jedoch im Verzug, so haftet er auch für den Zufall (Art. 103 OR; Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, Amonn/Walther, 2013, § 52 Rz. 47).

Grundstück

Handelt es sich um ein Grundstück, so hat der Erwerber die Verwertung zu dulden, denn eine Rückübertragung mittels Änderung des Grundbucheintrags findet nicht statt (BGer 5C.120/2006, E. 5).

Forderung

Handelt es sich um eine abgetretene Forderung, so wird die Forderung verwertet. Eine Rückzession findet nicht statt. Wurde jedoch nur eine Forderung beglichen, so lautet der Anspruch auf Rückerstattung der Geldzahlung. Die Forderung lebt mit der Rückerstattung des Empfangenen samt allen Einreden und Einwendungen des Schuldners (BGE 64 III 147 E. 3) wieder auf (Art. 291 Abs. 2 SchKG). Im Konkurs nimmt diese Forderung als bedingte Forderung am Konkursverfahren teil und ist zu kollozieren (BGE 103 III 13 E. 4). Bei der Spezialexekution kann die Forderung an der Pfändung mittels Pfändungsanschluss teilnehmen (BGE 90 II 359 E. 2b).

Früchte und Erträge

Der Empfänger muss sowohl Früchte und Erträge herausgeben, selbst dann, wenn er gutgläubig ist (BGE 130 III 235 E. 4). 

Aufwendungen

Notwendige Aufwendungen des Beklagten stellen daraufhin Masseverbindlichkeiten dar.

Rückerstattung der Gegenleistung

Im Konkurs / Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung

Der Beklagte hat Anspruch gegenüber der Konkursmasse auf Rückerstattung der Gegenleistung, welche noch vorhanden ist (Masseverbindlichkeit). Ist die Leistung nicht mehr effektiv vorhanden, so lautet der Anspruch auf die noch vorhandene Bereicherung. Falls in der Konkursmasse aber gar nichts mehr vorhanden ist, so kann der Beklagte nur noch eine Ersatzforderung gegen den Schuldner persönlich geltend machen, was diese zu einer Konkurs- oder Nachlassforderung werden lässt (BGE 74 III 84 E. 3). Der Beklagte kann seine Pflicht zur Erstattung des Wertersatzes mit dem Anspruch auf Erstattung der Bereicherung verrechnen. Richtet sich seine Ersatzforderung jedoch gegen den Beklagten persönlich, so ist eine Verrechnung erst möglich, wenn die Konkursdividende feststeht (BGE 89 III 14 E. 5a). (KUKO SchKG, Umbach-Spahn/Bossart, Art. 291 SchKG N 12)

Spezialexekution

In der Spezialexekution hat der Beklagte Anspruch auf Herausgabe oder Ersatz seiner Leistung gegenüber dem Schuldner, darf seine Rückerstattung aber nicht von dessen Leistung abhängig machen (BGE 135 III 513 E. 9.5.2). Wird der anfechtbar veräusserte Vermögensgegenstand anschliessend verpfändet, so kann der Anfechtungsbeklagte an dieser Pfändung teilnehmen, falls seine Forderung nicht beglichen wurde (BGE 67 III 169 E. 4). Wurde hingegen die Gegenleistung bereits verwertet, so kann der Anfechtungsbeklagte seine eigene Leistung kürzen (Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, Amonn/Walther, 2013, § 52 Rz. 54).

Einrede

Anfechtungsansprüche aus bspw. der Absichtsanfechtung können entweder klageweise oder einredeweise geltend gemacht werden. Die Einrede kann sich daher bspw. gegen eine Kollokationsklage (BGE 114 III 110 E. 2), Widerspruchsklage, Aussonderungsklage oder Anerkennungsklage eines privilegierten Pfändungsanschlusses richten (Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, Amonn/Walther, 2013, § 52 Rz. 27). 

Schenkungsanfechtung

Mit der Schenkungsanfechtung wird den Gläubigern eines Schuldners ermöglicht, Schenkungen und andere Vermögensverfügungen die einer Schenkung gleich kommen, also wo die Leistung und die Gegenleistung, welche in einem Missverhältnis stehen, zu korrigieren. Falls die Schenkung innerhalb eines Jahres vor Pfändung oder Konkurs erfolgte, haftet der verschenkte Vermögenswert trotzdem den Gläubigern zur Deckung ihrer Forderungen. (Art. 286 SchKG)

Überschuldungsanfechtung

Mit der Überschuldungsanfechtung sind Rechtshandlungen anfechtbar, die der Schuldner vorgenommen hat, als er bereits überschuldet war. Zu diesen Rechtshandlungen zählen die Bestellung von Sicherheiten für bereits bestehende Verbindlichkeiten, zu deren Sicherstellung der Schuldner nicht schon früher verpflichtet war, die Tilgung einer Geldschuld auf andere Weise als mit den üblichen Zahlungsmitteln sowie die Zahlung einer nicht verfallenen Schuld. Die Rechtshandlung darf zudem nicht länger als ein Jahr vor der Pfändung oder der Konkurseröffnung stattgefunden haben. (Art. 287 SchKG)

Pascal befürchtet schon länger, dass Georg eine Betreibung auf Pfändung einleitet, da Pascal ihm viel Geld schuldet. Gleichzeitig schuldet er auch seinem Bruder Nico Geld. Da Pascal nicht möchte, dass Nico bei einer Betreibung zulasten von Georg sein Geld nicht zurück erhält, beschliesst Pascal, seinem Bruder Nico das Darlehen zurück zu bezahlen. Nico weiss um die finanzielle Lage von Pascal bestens Bescheid, ist aber froh, das Darlehen zurückerstattet zu erhalten. Als Georg davon erfährt, merkt er, dass Pascal wieder zu Geld gekommen ist und möchte ihn betreiben. Bei der Betreibung stellt der Betreibungsbeamte fest, dass das Vermögen von Pascal nicht ausreicht, um die Forderungen von Georg zu decken und stellt daher Georg einen provisorischen Pfändungsverlustschein (Art. 115 Abs. 2 SchKG) aus. Da Georg jedoch weiss, dass Pascal mit Absicht einen anderen Gläubiger bevorzugt hat, strengt er eine Anfechtungsklage aufgrund einer Absichtsanfechtung gegen Nico an. Da die Rückerstattung innert der Verdachtsfrist von 5 Jahren vor der Betreibung stattgefunden hat, ist die Absichtsanfechtung grundsätzlich zulässig. Da es sich bei Nico um eine nahestehende Person von Pascal handelt, trägt Nico die Beweislast dafür, dass er die Benachteiligungsabsicht nicht erkennen konnte. Dies wird ihm nicht gelingen, weshalb er die Darlehenssumme an Pascal zurück zu erstatten hat. Nico kann sich danach der Pfändung anschliessen. 

Eine Absichtsanfechtung kann angestrebt werden, wenn der Schuldner mit Schädigungsabsicht seinen Gläubiger schädigt und der begünstigte Vertragspartner darüber Bescheid wissen musste. Die Handlung muss innerhalb von 5 Jahren vor der Pfändung oder der Konkurseröffnung erfolgt sein. Damit eine Handlung mittels Absichtsanfechtung angefochten werden kann, muss sie während der 5-jährigen Verdachtsfrist getätigt worden sein und während der 2-jährigen Verjährungsfrist eingeklagt werden. Eine erfolgreiche Anfechtungsklage (bspw. aufgrund einer Absichtsanfechtung) hat keine materiellrechtliche Wirkung. Der Dritte bleibt aus zivilrechtlicher Sicht Eigentümer der erworbenen Sache. Er hat aber die Beschlagnahme und Verwertung zu dulden. 

Gefällt Ihnen dieser Artikel?

- Keine Legal-News mehr verpassen

- Nützliche Alltags-Tipps rund ums Recht

- Hintergründe für Private, Unternehmen und Juristen

lexwiki.ch und unsere Autoren können keine Garantie für die Richtigkeit und Vollständigkeit der auf unseren Seiten angezeigten Informationen übernehmen. Die Artikel stellen die zum Zeitpunkt ihrer Erstellung geltende Rechtslage dar. Leider können wir nicht garantieren, dass jeder Artikel aktuell ist. Die Artikel auf unserer Plattform ersetzen keine Beratung durch einen Rechtsanwalt. lexwiki.ch bietet einen ersten Überblick für Personen mit einer juristischen Frage und dient als Informationsplattform für den an Rechtsfragen interessierten Mitbürger. Um bei juristischen Fragen die richtigen Schlüsse ziehen zu können, ist neben umfangreichem Knowhow im entsprechenden juristischen Bereich die Kenntnis des konkreten Sachverhaltes unabdingbar. Wir möchten Sie daher bitten, basierend auf den auf unserer Plattform zur Verfügung gestellten Inhalten keine voreiligen Schlüsse zu ziehen und möglichst frühzeitig professionelle Rechtsberatung beizuziehen. Das spart i.d.R. Kosten und verhindert, dass irreversibler Schaden angerichtet wird.

Die Plattform lexwiki.ch bietet insbesondere in der Form von News-Artikeln Autoren die Möglichkeit, ihre Meinungen und Analysen zu spezifischen Fällen und Themen zu veröffentlichen. Die Plattform lexwiki.ch ist unabhängig und ist keinem politischen Spektrum zuzuordnen. Die hier vertretenen und als solche gekennzeichneten Meinungen von Autoren sind ausschliesslich als eben solche zu verstehen. Wir bieten falls gewünscht gerne Hand zu Gegendarstellungen. Bitte kontaktieren Sie uns über die auf allen Seiten zur Verfügung stehende Kommentarfunktion. Die Kommentare werden nicht direkt veröffentlicht.

[wdfb_like_button]

Unser Autor

Kommentare

  1. Claudia von Känel

    guten tag, herr schneeberger
    ich bin auf ihre ausführungen gestossen, weil ich gerade mit einer unschönen betreibung beschäftigt bin. nicht ich werde betrieben, sondern eine liegenschaftverwaltung sowie stockwerkeigentümer.
    meine frage an sie ist: darf ich ihre ausführungen für meine persönliche nutzung ausdrucken? vielen dank für ihre antwort.
    c. von känel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.