Geschocktes Paar

Das Mietrecht erlaubt es dem Mieter, den Anfangsmietzins innert 30 Tagen nach Abschluss des Mietvertrags als missbräuchlich anzufechten. Nach der Auslegung des Bundesgerichts von Art. 270 Abs. 1 OR ist die Anfechtung in drei alternativen Fällen möglich, nämlich wenn der Mieter aus persönlicher oder familiärer Notwendigkeit zum Abschluss des Vertrags gezwungen war (lit. a erste Alternative), wenn er wegen der Situation auf dem lokalen Wohnungsmarkt zum Vertragsabschluss gezwungen war (lit. a zweite Alternative) oder schliesslich wenn gemäss lit. b der Mietzins gegenüber demjenigen des Vormieters erheblich erhöht wurde. In einem neuen Entscheid (BGE 4A_691/2015 vom 18. Mai 2016) stellt das Bundesgericht klar, dass es für das Anfechtungsrecht genügt, dass eine dieser drei Alternativen erfüllt ist. Dies gilt insbesondere für den Grund der Verhältnisse auf dem Wohnungsmarkt, wo eine angespannte Situation per se zu einer Zwangslage für die Mieterschaft führen kann, ohne dass zusätzlich auch eine persönliche Notlage vorhanden sein müsste.

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Das Bundesgericht vergleicht die Marksituation bei Wohnungsnot mit dem Ungleichgewicht bei marktbeherrschender Stellung eines Anbieters. In diesen Fällen lässt die Preisüberwachung oder das Kartellrecht eine Korrektur des Marktungleichgewichts zu. In gleicher Weise ermögliche die Anfechtung des Anfangsmietzinses die Prüfung des Mietzinses auf Missbräuchlichkeit. 

In Kantonen, in denen die Formularpflicht für die Bekanntgabe des Anfangsmietzinses vorgeschrieben ist, herrscht gemäss Art. 270 Abs. 2 OR Wohnungsmangel. Andernorts können Mieter mit der offiziellen Wohnungsstatistik den Nachweis führen, dass Wohnungsnot herrscht. Als Faustregel gilt, dass bei einem Leerwohnungsbestand von weniger als 1% die Marktsituation aus dem Gleichgewicht ist.

Es stört, dass trotz unterschriftlichem Einverständnis des Mieters zum Mietvertrag und ohne persönliche Zwangslage des Mieters eine Anfechtung des Anfangsmietzinses zulässig sein soll. Solche Vorschriften widersprechen einem liberalen Rechtsverständnis, sind aber im Mietrecht und anderen Bereichen des Privatrechts immer häufiger anzutreffen. Sie sind insofern nicht nur Resultat, sondern auch Ursache von nicht mehr funktionierenden Märkten.

Bei der Festlegung der Anfangsmietzinse müssen Vermieter noch klarer auf die mietrechtlichen Vorgaben achten. Sie müssen im Falle der Anfechtung die Höhe des Mietzinses detailliert begründen können.

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