Revisor am Rechnen
Die Bewertung von Aktiven und Passiven dient mehreren Zwecken. Zum einen wird sie zur Bestimmung des steuerbaren Gewinns und Kapitals herangezogen. Desweitern dient sie als Basis zur Festsetzung des Unternehmenswertes für aussenstehende Dritte, als auch für interne Zwecke.
Einzelbewertung
Aktiven und Verbindlichkeiten sind einzeln zu bewerten, sofern
- sie wesentlich sind, oder
- in der Regel nicht zu Gruppen zusammengefasst werden.
Vorsichtige Bewertung
Die Bewertung von Aktiven und Passiven folgt einem schmalen Grat. Zum einen muss die Bewertung vorsichtig erfolgen und zum anderen darf die Bewertung die zuverlässige Beurteilung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens nicht verhindern.
Impairment-Test
Für den Fall, dass konkrete Anzeichen für eine Überbewertung von Aktiven oder für zu geringe Rückstellungen bestehen, so sind diese Werte zu überprüfen und unter Umständen anzupassen. In diesem Zusammenhang spricht man vom Impairment-Test bei Aktiven.
Grundsatz
Das Obligationenrecht unterscheidet bei der Bewertung von Aktiven zwischen der Bewertung der erstmaligen Erfassung und der Bewertung an späteren Bilanzstichtagen.
Ersterfassung
Die Aktiven müssen bei der Ersterfassung zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten bewertet werden.
Folgebewertung
Die Aktiven dürfen bei der Folgebewertung in den nachfolgenden Jahren grundsätzlich nicht höher bewertet werden, ausser das Gesetz sieht solche Ausnahmen vor:
- Aktiven mit beobachtbaren Marktpreisen;
- Vorräte und nicht fakturierte Dienstleistungen.
Grundsatz
Aktiven, die einen Börsenkurs oder einen beobachtbaren Marktpreis in einem aktiven Markt haben, dürfen zum Marktpreis am Bilanzstichtag bewertet werden. Dies gilt selbst dann, wenn dieser über den ursprünglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten liegt. (Art. 960b Abs. 1 OR)
Es müssen entweder alle Aktiven oder keine Aktiven, die einen Markt- oder Börsenpreis haben, zum demselben bewertet werden. Man kann sich daher nicht frei entscheiden, welche Aktiven zum Marktwert und welche zum Anschaffungswert bewertet werden sollen. (Art. 960b Abs. 1 OR)
Im Anhang ist auf diese Bewertung hinzuweisen und für Wertschriften und übrige Aktiven je gesondert offengelegt werden. (Art. 960b Abs. 1 OR)
Wertberichtigung
Wer Aktiven zum Markt- oder Börsenwert am Bilanzstichtag bewertet, der darf eine Wertberichtigung zulasten der Erfolgsrechnung bilden um damit den Schwankungen im Kursverlauf Rechnung zu tragen. Diese Wertberichtigung sind nur insoweit zulässig, als dass dadurch weder der Anschaffungswert, noch der allenfalls tiefere Kurswert unterschritten würden. (Art. 960b Abs. 2 OR)
Beispiele
Zu den Aktiven mit beobachtbaren Marktpreisen zählen bspw. kotierte Wertschriften, Derivate sowie Rohstoffe.
Bewertung
Bei Vorräten und nicht fakturierten Dienstleistungen gilt das Niederstwertprinzip. Liegt der Veräusserungswert (inkl. der beim Verkauf anfallenden Kosten) unterhalb der Anschaffungs- oder Herstellungskosten, so ist der Veräusserungswert einzusetzen. (Art. 960c Abs. 1 OR)
Vorräte
Das Gesetz definiert als Vorräte sowohl Rohmaterial, Erzeugnisse in Arbeit sowie fertige Erzeugnisse und Handelswaren. (Art. 960c Abs. 2 OR)
Zulässigkeit
Der Wertverlust von Aktiven durch Nutzung oder Alter darf durch Abschreibungen berücksichtigt werden. Andere Wertverluste müssen durch Wertberichtigungen berücksichtigt werden. (Art. 960a Abs. 2 OR)
Höhe der Abschreibung
Sowohl Wertberichtigungen, als auch Abschreibungen müssen den allgemeinen kaufmännischen Grundsätzen folgen. (Art. 960a Abs. 2 OR)
Verbuchung
Abschreibungen und Wertberichtigungen sind entweder direkt oder indirekt bei den entsprechenden Aktiven zulasten der Erfolgsrechnung zu verrechnen. Sie dürfen daher nicht den Passiven zugewiesen werden. (Art. 960a Abs. 2 OR)
Wiederbeschaffung
Aus Gründen der Wiederbeschaffung und zur Sicherung der Zukunft des Unternehmens dürfen weitere Abschreibungen sowie Wertberichtigungen vorgenommen. Falls diese Gründe vorliegen, kann zudem auf die Auflösung von nicht mehr begründeten Abschreibungen und Wertberichtigungen verzichtet werden. (Art. 960a Abs. 3 OR)
Verbindlichkeiten
Verbindlichkeiten müssen zwingend zum Nennwert bewertet werden. Die Bewertung zum allfällig niedrigeren Marktpreis ist daher ausgeschlossen. Falls ein Disagio vorliegt, darf dieses aber aktiviert werden. (Art. 960e Abs. 1 OR)
Rückstellungen
Pflicht zur Bildung
Ist basierend auf vergangenen Ereignissen ein Mittelabfluss in zukünftigen Geschäftsjahren zu erwarten, so müssen Rückstellungen gebildet werden. Diese Rückstellungen sind zulasten der Erfolgsrechnung zu bilden. (Art. 960e Abs. 2 OR)
Möglichkeiten zur Bildung
Es ist gesetzlich vorgesehen, dass für folgende Konstellationen Rückstellungen gebildet werden dürfen:
- kontinuierlich anfallende Aufwände aus Garantieverpflichtungen;
- Sanierungen von Sachanlagen;
- Restrukturierungen, sowie
- zur Sicherung des „dauernden Gedeihens des Unternehmens“. (Art. 960e Abs. 3 OR)
Auflösung
Sind gebildete Rückstellungen nicht mehr begründet, so müssen sie nicht aufgelöst werden. (Art. 960e Abs. 4 OR)
Die Grosshandel AG muss ihre letztjährige Bilanz und Erfolgsrechnung finalisieren. Ihre Güter sind zum Anschaffungswert in den Aktiven anzugeben, ausser es liegt ein Marktpreis vor. Ihre Produktionsanlagen schreibt sie ordnungsgemäss ab und bildet zudem stille Reserven, da die Abnutzung weniger stark ist, wie die allgemeinen Abschreibungssätze vorsehen. Ihre Verbindlichkeiten werden zum Nennwert in den Passiven abgebildet.
Die korrekte Bewertung von Aktiven und Verbindlichkeiten stellt eine Herausforderung dar, da sie zwar vorsichtig erfolgen muss, jedoch eine zuverlässige Beurteilung der wirtschaftlichen Lage nicht verhindern darf. Bei den Aktiven wird zwischen der Ersterfassung und der Folgebewertung unterscheiden, wobei es spezielle Bewertungsvorschriften für Aktiven mit Marktpreisen sowie für Vorräte und nicht fakturierte Dienstleistungen gibt. Um das Alter und die Nutzung abzubilden, sind Abschreibungen und Wertberichtigungen zulässig. Die Bewertung von Passiven, d.h. Verbindlichkeiten und Rückstellungen, hat ebenfalls eigene Bewertungsvorschriften.
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