Grosse Lärmbelastung
Verletzung von Nachbarrechten
Bei der Lärmbelästigung durch Fluglärm handelt es sich um eine sogenannte Verletzung von Nachbarrechten. Diese Verletzung von Nachbarrechten im Fluglärmstreit ist eine formelle Enteignung, da:
- die Immissionen (Fluglärm) aus dem Betrieb eines öffentlichen Werkes stammen (hier: Flughafen Zürich),
- die Immissionen (Fluglärm) untrennbar mit dem bestimmungsgemässen Betrieb dieses Werkes verbunden sind,
- die Immissionen (Fluglärm) sich nicht oder nur mit unverhältnismässigem Aufwand vermeiden lassen.(Art. 679 ZGB).
Entschädigungspflicht
Diese Enteignung ist grundsätzlich nur dann entschädigungspflichtig, wenn die Einwirkung übermässig ist. Die Übermässigkeit wird dann bejaht, wenn die Einwirkung unvorhersehbar war und der Betroffene in spezieller Weise von den Immissionen beeinträchtigt ist, d.h. die entsprechenden Grenzwerte überschritten werden. Diese Beeinträchtigung muss bei ihm zudem einen schweren Schaden zufügen (Minderwert von mindestens 10%).
In ausserordentlichen Fällen reicht hingegen ein besonders schwerer Schaden. Dieser kann beispielsweise bei sehr tief über ein Grundstück fliegenden Flugzeugen gegeben sein, die neben den Lärmimmissionen auch bspw. durch Geruchsimmissionen und potenziell herabfallende Gegenstände eine besondere Bedrohungswirkung entfalten.
In Bezug auf den Flughafen Zürich geht das Bundesgericht davon aus, dass die Bedingung der Unvorhersehbarkeit als gegeben erachtet werden kann, sofern das Grundstück vor dem 1. Januar 1961 erworben wurde.
Dientstbarkeit
Dabei kann auf dem Grundstück des Enteigneten (Betroffene im Fluglärmstreit: Grundeigentümer) zwangsweise eine Dienstbarkeit zugunsten des Enteigners (Schädiger im Fluglärmstreit: Flughafen Zürich) eingetragen werden. Diese Dienstbarkeit hat zum Inhalt, die übermässigen Immissionen zu dulden (Art. 684 ZGB).
Das Bundesgericht hat bzgl. der Ostanflüge entschieden, dass Grundstücke, welche unter einer gewissen Flughöhe direkt überfolgen werden, einen Anspruch auf Entschädigung haben und es keine Rolle spielt, ob die Lärmentwicklung beim Kauf des Grundstücks voraussehbar war. Entschädigt werden muss im Fluglärmstreit daher der Minderwert des gesamten Grundstücks und nicht nur der direkt überflogene Teil. Stehen auf einer Parzelle jedoch mehrere Häuser oder sind die betroffenen Parzellen ungewöhnlich gross, so gilt die Entschädigungspflicht nur für die tatsächlich überflogenen Gebäude samt Umschwung. Nebst der Entschädigung für den lärmbedingten Minderwert ist es nun möglich, für nicht lärmbedingte Auswirkungen (wie bspw. Schatteneinwirkung) einen Zuschlag zu erhalten. Dieser wird geschätzt, wobei aber von einem Minderwert von rund 5% ausgegangen werden kann. Bezüglich der Südanflüge über Gockhausen kam das Bundesgericht hingegen zur gegensätzlichen Auffassung und hat die Beschwerde der Anwohner gegen den vorinstanzlichen Entscheid abgewiesen. Im Gegensatz zu den von den Ostanflügen betroffenen Grundstücken werden die Grundstücke in Gockhausen zwar direkt, aber von den grösseren Flugzeugen über einer Flughöhe von 350 m überflogen. Deshalb ist der ausserordentliche Fall der objektiven grossen Bedrohungswirkung durch die Flugzeuge im Gegensatz zum Fall der Ostanflüge nicht gegeben und folglich müssen sämtliche Voraussetzungen eines Entschädigungsanspruches, i.e. Unvorhersehbarkeit, Spezialität und Schwere des Schadens erfüllt sein. Vorliegend beurteilte das Bundesgericht nun bei den Hausbesitzern in Gockhausen, die das Grundstück erst nach dem 1. Januar 1961 erworben haben, zumindest die Bedingung der Unvorhersehbarkeit als nicht erfüllt. Wer in die unmittelbare Nähe eines Flughafens zieht müsse davon ausgehen, dass sich Betriebsreglemente und Flugrouten ändern und die Lärmimmissionen deshalb zunehmen können. Ostanflüge
Südanflüge
Es ist zu begrüssen, dass Bewegung in den Fluglärmstreit kommt und die neu vom Fluglärm betroffenen Eigenheimbesitzer eine Entschädigung aus formeller Enteignung von Nachbarrechten erhalten. Es ist dogmatisch korrekt, diese Leute zu entschädigen, da dieser Fluglärm nicht voraussehbar war. Interessant ist zudem, dass ein zusätzlicher Minderwert für nicht lärmbedingte Auswirkungen von rund 5% als angemessener Richtwert gilt.
Der Fluglärmstreit mit Deutschland hatte zur Folge, dass Deutschland die Anflüge durch den süddeutschen Luftraum mit strengen Sperrzeiten massiv eingeschränkt hatte. Der Flughafen Zürich hat daher im Oktober 2011 auf der Piste 28 sog. Ostanflüge eingeführt, was für einzelne Hausbesitzer in Kloten zu einer erhöhten Lärmbelastung führte. Das Bundesgericht hat nun einen Entschädigungsanspruch bestätigt.
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