Fragerunde während des Bewerbungsgespräches

Sie haben sich auf eine neue Stelle beworben. Ihre Unterlagen und Ihre Web-Profile bei einer möglichen vorgängigen Internetrecherche haben einen guten Eindruck gemacht, sodass Sie zum Vorstellungsgespräch einladen wurden. Ziel dieses Gesprächs ist das Kennenlernen Ihrer Persönlichkeit sowie Ihrer Motivation für den Stellenwechsel. Dazu werden viele Fragen gestellt. Allerdings ist nicht immer klar, welche Fragen zulässig, welche nicht zulässig und welche schlicht heikel sind. 

Art. 328b OR hält fest, dass Daten über den Arbeitnehmer nur soweit bearbeitet werden dürfen, als dass sie die Eignung für das Arbeitsverhältnis betreffen oder für die Durchführung des Arbeitsvertrags erforderlich sind. Im übrigen wird auf das Datenschutzgesetz verwiesen.

Als zulässige Fragen im Bewerbungsgespräch gelten im Allgemeinen die folgenden:

  • Fragen zur Person wie Name, Geburtsdatum, Nationalität, Wohnadresse, AHV-Nummern, Bankkontodaten, Zivilstand sowie Arbeitsbewilligungen bei Ausländern.
  • Fragen zur Ausbildung, zum beruflichen Werdegang sowie zu Qualifikationen früherer Arbeitsstellen und die jeweiligen Austrittsgründe
  • Fragen betreffend Berufsbewilligungen wie Führerausweis, Kapitäns- und Pilotenlizenen, med. Staatsexamen, Anwaltspatent, Meisterprüfugen etc.
  • Fragen zur Gewerkschaftszugehörigkeit NACH erfolgter Anstellung zwecks Feststellung der Anwendbarkeit eines GAV
  • Fragen bezüglich Bestehen eines Konkurrenzverbots
  • Fragen puncto Nebenbeschäftigungen (bei Vollzeitstellen)
  • Akute Krankheiten, Suchtkrankheiten und Gebrechen, sofern sie die Arbeitstauglichkeit oder ein allfälliges Rückfallrisiko betreffen oder sonstwie ansteckend sind
  • Status Raucher / Nichtraucher
  • Im Zentralstrafregister verzeichnete Vorstrafen und laufende Strafverfahren (sofern Arbeitsplatzbezug vorhanden) sowie Betreibungsregisterauszüge
  • Fragen nach militärischer Ausbildung und Rang, öffentlichen Ämtern und Pflichten 

Als unzulässige Fragen im Bewerbungsgespräch hingegen gelten im Allgemeinen die folgenden:

  • Fragen zum Lebenspartner, Heiratsabsichten und Familienplanung
  • Fragen zu privaten Lebensgewohnheiten, Hobbies oder Wohnsituationen
  • Nebenbeschäftigungen bei Teilzeitstellen
  • Status Links- oder Rechtshänder
  • Fragen zum allgemeinen Gesundheitszustand sowie Fragen über Krankheiten und Behinderungen ohne Arbeitsplatzbezug
  • Fragen über genetische Defekte
  • Fragen über den Hausarzt und Krankenkasse
  • Fragen über das Bestehen einer Schwangerschaft (ausser bei Gesundheitsgefährdung der werdenden Mutter oder des Kindes)
  • Das Figurieren des Bewerbers auf schwarzen Listen

Grundsätzlich kann die Antwort auf unzulässige Fragen im Bewerbungsgespräch verweigert werden. Das Dilemma allerdings liegt darin, dass im Normalfall der Bewerber dann keine Chance mehr hat, den in Aussicht gestellten Job zu erhalten. Deshalb spricht man auch vom Notwehrrecht der Lüge. Das ist aber in der Praxis nicht unbestritten

Folgende Fragen im Bewerbungsgespräch können heikel sein:

  • Fragen zur Karriereplanung (inkl. Militärkarriere), ausser diese Fragestellung ist wichtig für die weitere Entwicklung des infrage stehenden Jobs
  • Fragen nach den Vermögensverhältnissen, es sei denn der Bewerber würde später Zugang zu grösseren Vermögenswerten des Arbeitgebers oder von Kunden erhalten oder wäre einem Bestechungsrisiko ausgesetzt.

Bei heiklen Fragen im Bewerbungsgespräch ist es ganz wichtig, dass der Interviewende den Arbeitsplatzbezug explizit erklärt. Das vermindert beim Kandidaten den Eindruck, ausgequetscht zu werden.

Die nachfolgenden Fragen im Bewerbungsgespräch sind im Normalfall verpönt, können aber bei Tendenzbetrieben (ideologisch geprägter Arbeitgeber wie Kirche, politische Partei etc.) ausnahmsweise zulässig sein:

  • Fragen zu Religion,
  • Politik,
  • Parteizugehörigkeit,
  • sexuelle Ausrichtung,
  • Vereinsmitgliedschaften sowie
  • Zugehörigkeit zu Gewerkschaften

Wer nicht für einem Tendenzbetrieb rekrutiert,  sollte von den oben aufgeführten Fragen definitiv Abstand nehmen.

Häufig werden heutzutage breitangelegte Internetrecherchen getätigt, bevor der Bewerber überhaupt zum Vorstellungsgespräch eingeladen wird. Ist das zulässig? Um diese Frage beantworten zu können, unterscheiden wir zwischen beruflichen und nicht beruflichen Netzwerken.

  • Bei XING, LinkedIn etc. ist eine punktuelle Internetrecherche unbedenklich. Hier handelt es sich um berufliche Netzwerke.
  • Anders sieht die Sache aber bei privat geprägten Netzwerken wie Facebook aus. Auf solchen Netzwerken fehlt es am Arbeitsplatzbezug. Ebensowenig zulässig ist das generelle screenen („googeln“) von Bewerbern. 

Es ist ganz wichtig, die Zulässigkeit von Fragen im Bewerbungsgespräch nicht isoliert sondern immer im Kontext zur ausgeschriebenen Stelle zu beurteilen. Als Beispiel sei hier die Schwangerschaft erwähnt. Während im Normalfall eine Frage nach dem Bestehen einer Schwangerschaft an sich völlig unzulässig ist, kann die Frage dann zugelassen werden, wenn eine Gesundheitsgefährdung droht oder der Job von einer Schwangeren gar nicht ausgeführt werden könnte.  Ersteres wäre bei einer Röntgenassistentin denkbar und letzteres bei einem Fotomodell/Mannequin. 

Im Bewerbungsgespräch muss sich der Kandidat nicht alle Fragen gefallen lassen. Die Fragen müssen einen Bezug zum potentiellen Job haben (berufliche Eignung resp. Verfügbarkeit). Gehen sie darüber hinaus, stellen sie eine Persönlichkeitsverletzung dar. Grundsätzlich kann die Antwort auf eine unzulässige Frage verweigert werden. Das Dilemma allerdings liegt darin, dass im Normalfall der Bewerber dann keine Chance mehr hat, den in Aussicht gestellten Job zu erhalten. Deshalb spricht man auch vom Notwehrrecht der Lüge. Das ist aber in der Praxis nicht unbestritten

Bewerber für Führungspositionen müssen sich zudem im klaren sein, dass an Sie höhere Anforderungen gestellt werden. Hier darf der Arbeitgeber mehr erfragen, als bei einem gewöhnlichen Angestellten. Dies gilt insbesondere dort, wo auch repräsentative Aufgabenstellungen zum Jobinhalt gehören. 

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Unser Autor

Advokatur für Arbeitsrecht und Datenschutz Orlando Meyer

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