Teure Hochzeit

Amanda Merkur und Olli Pulver möchten gerne heiraten. Allerdings verdienen sie beide relativ gut und befürchten, durch die Heirat beträchtliche steuerliche Nachteile zu erleiden. Sie wissen, dass durch die Steuerprogression die Steuern für Doppel-Verdiener-Ehepaare höher ausfallen können, als für Unverheiratete. Daher möchten Amanda und Olli mehr über die sogenannte „Heiratsstrafe“ erfahren.

Jeder Schweizer muss Steuerabgaben an den Staat leisten. Ehepaare werden in der Regel gemeinsam besteuert. Dies kann zu der sogenannten „Heiratsstrafe“ führen. Allerdings sind Ehepaare mit niedrigem Einkommen meist nicht davon betroffen. Auch für die übrigen Ehepaare gibt es Alternativen zur gemeinsamen Besteuerung. Die Heiratsstrafe trifft auch viele Rentnerpaare.

Wenn in einer Ehe beide Ehegatten berufstätig sind, so kann sich dies für sie, im Gegensatz zu Konkubinatspaaren, steuerlich nachteilig auswirken. Dies hängt mit der im Schweizerischen Steuersystem bestehenden Steuerprogression zusammen. In gewissen Fällen jedoch, sind Ehepaare steuerlich sogar besser gestellt als unverheiratete Paare.

Grundsatz

Jede Privatperson in der Schweiz muss Einkommenssteuer bezahlen (Art. 1 DBG). Bei der Einkommenssteuer handelt es sich um eine direkte Steuer und berechnet sich aus dem Arbeitslohn und aus dem Vermögen. (Art. 16 DBG, Art. 20 DBG und Art. 21 DBG)

Abzüge

Verschiedene Kostenpunkte können allerdings vom Einkommen abgezogen werden, z.B.:

  • Pauschale für Berufsauslagen,
  • Versicherungsprämien,
  • Abzug für Kinder, sowie
  • Schuldzinsen. (Art. 33 DBG)

Höhe der Steuerlast

Die Höhe der zu bezahlenden Einkommenssteuer richtet sich jeweils nach der Höhe des Gehaltes und unterliegt dem Grundsatz der Steuerprogression.

Progression

Da das Schweizerische Steuersystem auf dem Grundsatz der Steuerprogression basiert, werden höhere Gehälter steuerlich auch zu einem höheren Prozentsatz belastet. Bei einem Ehepaar werden beide Gehälter addiert, während bei unverheirateten Paaren beide ihr eigenes Einkommen unabhängig versteuern. Das Einkommen eines verheirateten Paares ist daher höher und wird folglich meist auch stärker steuerlich belastet.

Spezieller Steuertarif

Um dies zu verringern, haben Ehepaare für dasselbe Einkommen einen tieferen Steuersatz als Unverheiratete

Abzüge

Verheiratete Paare können bei der direkten Bundessteuer einen Pauschalabzug von 3’500 Franken machen. (Art. 33 Abs. 1 DBG)

Desweiteren können sie bei der direkten Bundessteuer die Hälfte des tieferen Erwerbseinkommens jedoch mindestens 8’100 Franken und höchstens 13’400 Franken in Abzug bringen (Art. 33 Abs. 2 DBG). Diesen Abzug nennt man auch Verheirateten- oder Zweitverdiener-Abzug. Insgesamt sind verheiratete Paare jedoch trotz diesen Abzügen steuerlich eher schlechter gestellt als unverheiratete Paare.

Heiratsstrafe

Unter der Heiratsstrafe versteht man im Volksmunde die steuerliche Benachteiligung von verheirateten Doppelverdiener-Paaren im Gegensatz zu unverheirateten Doppelverdiener-Paaren.

Meistens bezieht sich dieses Phänomen auf die Bundessteuer. Die meisten Kantone haben die Gesetze über die Kantons- und Gemeindesteuer diesbezüglich nämlich angepasst.

Unterschied zu Konkubinat

Zur Darstellung des Unterschieds zwischen verheirateten und unverheirateten Paaren wird hier ein kleines Rechnungsbeispiel vorgestellt:

Ehepaar Mosimann: Beide verdienen je 50’000 Franken

Konkubinatspaar Böll: Beide verdienen je 50’000 Franken

Das Konkubinatspaar Böll zahlt 1’000 Franken Bundessteuer. Das Ehepaar Mosimann bezahlt hingegen trotz Pauschalabzug und Ehegattentarif 2’200 Franken. Daher besteht eine sogenannte „Heiratsstrafe“ in den 1’200 Franken, die das Ehepaar mehr bezahlen muss, als das Konkubinatspaar.

Je höher das Einkommen, desto schlechter gestellt sind Ehepaare

Wenn ein Ehepaar 500’000 Franken pro Jahr verdient, so zahlt es fast einen Viertel mehr Bundessteuer als Konkubinatspaare. Dies ist die sogenannte Heiratsstrafe. Im Kanton Tessin müssen sogar 7,5 Prozent mehr Kantons- und Gemeindesteuern bezahlt werden, obschon die meisten übrigen Kantone die Gesetze angepasst haben.

Tiefes Einkommen

Bei Paaren mit tiefem Einkommen sind viele verheiratete Paare sogar um einiges besser gestellt als Konkubinatspaare. Wenn beispielsweise ein Ehepaar in Basel-Stadt oder Genf nicht mehr als 50’000 Franken im Jahr verdient, so entfallen ihre Kantons- und Gemeindesteuern fast ganz. Auch die direkte Bundessteuer sinkt im Gegensatz zu Konkubinatspaaren um mehr als 99 Prozent. In den Kantonen Tessin oder auch Basel-Land muss noch etwa die Hälfte bezahlt werden. Lediglich in den Kantonen Waadt und in Obwalden sind diese Ehepaare schlechter gestellt.

Mittleres Einkommen

Bei mittlerem Einkommen sind die Unterschiede bereits weniger gross, als bei tiefem Einkommen. Wenn zwei Ehepartner zusammen jährlich etwa 143’000 Franken verdienen, so zahlen sie im Kanton Waadt und in Glarus, sowie auf Bundesebene etwas höhere Steuern als Konkubinatspaare. In den meisten übrigen Kantonen sind sie aber besser gestellt, teilweise sogar um einiges besser.

Splitting-Modelle

In der Schweiz besteht die Möglichkeit des Ehegattensplittings. Dies soll eine gewisse steuerliche Entlastung für Ehepaare mit sich bringen. Es gibt zwei Arten:

Vollsplitting

Das Splitting kann auch mit Einkommensteilung übersetzt werden. Vollsplitting heisst, dass das gesamte steuerbare Einkommen von gemeinsam veranlagten Personen durch 2 dividiert wird, um den zutreffenden Steuersatz zu ermitteln. Das Vollsplitting gibt es bisher in den Kantonen Aargau, Appenzell ­Innerrhoden, Basel-Land und St. Gallen. Andere Kantone kennen immerhin ein Teilsplitting. Die Methode des Splittings dient dazu, die Steuerprogression zu durchbrechen

Teilsplitting

Beim Teilsplitting wird das gesamte Einkommen durch eine Zahl grösser als 1 und kleiner als 2 dividiert. Dies geschieht unabhängig davon, ob es sich um ein Doppel-Verdiener-Paar handelt oder lediglich eine Person arbeitet. „Einverdiener-Paare“ haben dadurch einen Vorteil.

Da das Ehegattensplitting möglich ist, egal ob beide Ehepartner arbeiten oder nur einer, werden Zweiverdiener-Ehepaare in gewisser Weise benachteiligt. Daher wird in der Schweiz auch eine weitere Alternative diskutiert – die der Individualbesteuerung.

Individualbesteuerung

Eine weitere steuerliche Entlastung für Zweiverdiener-Ehepaare würde die Individualbesteuerung bringen. Diese steht allerdings erst – und seit einiger Zeit – zur Diskussion.

Die Individualbesteuerung würde dazu führen, dass Ehepaare ihr Gehalt nicht mehr zusammen, sondern getrennt versteuern müssten. Das bringt den Vorteil mit sich, dass die Steuer nicht beeinflusst, ob ein Paar heiratet oder nicht. Damit sind Konkubinate und Ehepaare steuertechnisch gleichberechtigt.

Durch diese sogenannte Individualbesteuerung würden auch die steuerlichen Vorteile von Einverdiener-Haushalten aufgehoben, da diese nicht mehr von den tieferen Steuersätzen für Ehepaare profitieren können. Es hätte folglich keinen Einfluss mehr auf die zu bezahlende Steuer, ob beide Ehepartner erwerbstätig sind oder lediglich einer davon.

Seit geraumer Zeit wird darüber diskutiert, ob die Individualbesteuerung zukünfig ein wählbares Steuer-Modell für Ehepaare sein soll. Diese Variante würde die Heiratsstrafe wirksam vermindern.

Sind auch Rentner von der Heiratsstrafe betroffen?

Ja, auch verheiratete Rentnerpaare sind in gewisser Weise von der Heiratsstrafe betroffen.

Wie sind sie davon betroffen?

Ein verheiratetes Rentnerpaar erhält maximal 150 Prozent der Maximalrente (Art. 35 Abs. 1 AHVG). Hingegen ein unverheiratetes Rentnerpaar erhält jeweils die volle Rente pro Person – also zusammen 200 Prozent.

Vorteile

Die AHV Regelungen bringen jedoch auch einige Vorteile für Ehepaare mit sich. Dies allerdings nur in gewissen Konstellationen. Beispielsweise müssen verheiratete Paare nur für eine Person AHV-Beiträge leisten, wenn nur einer der beiden erwerbstätig ist. (Art. 3 Abs. 3 AHVG)

Dies stellt wiederum einen Nachteil für Doppelverdiener-Paare dar. Ebenso gibt es ein sogenanntes Splitting, bei welchem das ganze Einkommen des Ehepaares addiert und gerecht auf beide Personen verteilt wird. Bei Konkubinatspaaren hingegen gelten jeweils nur die pro Person geleisteten Beiträge. Es wird also ersichtlich, dass das Gesetz nie vorgesehen hat, dass auch die Ehefrauen arbeiten. Daher empfinden viele berufstätige Frauen das Steuergesetz als sehr benachteiligend.

Ebenso erhält nur derjenige eine Witwen- oder Witwerrente bzw. einen Verwitweten-Zuschlag, der zum Todeszeitpunkt mit dem verstorbenen Partner verheiratet war. (Art. 23 Abs. 1 AHVG) und (Art. 35bis AHVG)

Hintergrund

Die folgenden zwei Beispiele sollen aufzeigen, dass die Heiratsstrafe vor allem für Ehepaare mit höherem Einkommen zutrifft. Ehepaare mit niedrigerem Einkommen sind häufig sogar besser gestellt als Konkubinatspaare und daher nicht von der Heiratsstrafe betroffen.

Tiefes Einkommen

Das Ehepaar Miranda und Max verdient wenig. Zusammen beträgt ihr Einkommen nicht mehr als 50’000 Franken im Jahr. Steuerlich gesehen bringt dies viele Vorteile für die beiden in Basel-Stadt Ansässigen. Die Kantons- und Gemeindesteuer entfällt für sie dank der erlaubten Abzüge nämlich fast ganz. (Art. 32 Abs. 2 StG BS)

Auch die Bundessteuer, welche sie zu bezahlen haben, reduziert sich um mehr als 99 Prozent im Gegensatz zu unverheirateten Paaren. (Art. 36 Abs. 2 DBG)

Hohes Einkommen

Amanda und Olli, die sich kürzlich verheiratet haben, verdienen beide extrem gut. Zusammen erzielen sie einen Lohn von ca. 900’000 Franken im Jahr. Auf kantonaler Ebene ergibt sich für sie in Basel nur ein geringer steuerlicher Unterschied zu Konkubinatspaaren. Was jedoch sehr schwerwiegende Auswirkungen hat ist die Bundessteuer. Sie bezahlen nämlich fast einen Viertel mehr Steuern als unverheiratete Paare. (Art. 36 Abs. 2 DBG)

Daher denken die beiden nun über ein Splitting nach. Dafür müssten sie nach Basel-Land umziehen, da es diese Option in Basel-Stadt noch nicht gibt. Das würden Amanda und Olli aber in Kauf nehmen. Für die beiden trifft die Heiratsstrafe unter den momentanen Umständen zu.

Wenn beide Partner in einer Ehe berufstätig sind, so kann sich dies in vielen Fällen steuerlich nachteilig auswirken. Es scheint aus der Perspektive des Steuerzahlers erst einmal verlockender zu sein, sich nicht zu verheiraten, um der „Heiratsstrafe“ zu entgehen. Allerdings treffen die Nachteile nicht alle Ehepaare. Besonders solche mit niedrigem Einkommen sind häufig sogar besser gestellt als Konkubinatspaare. Desweiteren bestehen Möglichkeiten, die Steuerprogression und somit die Heiratsstrafe zu verringern.

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Unsere Autorin

Steuer- und Rechtsberatung artax Fide Consult AG

Kommentare

  1. P. Sommer

    Heiratsstrafte – Steuerliche Benachteiligung von verheirateten Rentnern:

    1. Bin pensioniert (63jährig), meine Frau (56jährig) arbeitet Teilzeit (50%-Pensum), d.h. das Netto-Einkommen (exkl. Berufsauslagen und 3. Säule-Abzug) meiner Frau und meine Rente (100%) werden zusammen für die Steuerberechnung herangezogen. Unfaire Benachteiligung: Kein Sonderabzug für Erwerbstätigkeit beider Ehepartner. (Notabene konnte ich im Jahr vor der Pensionierung aufgrund meines damaligen, reduzierten 80%-Pensums ebenfalls volle Berufsauslagen- sowie 3. Säule-Abzüge vornehmen. Netto war mein steuerbares Einkommen nur unwesentlich höher als meine heutige PK-Rente, welche zu 100% versteuert werden muss!).
    2. Versicherungsabzüge: Obwohl nur noch meine Frau 2.- und 3. Säule-Abzüge geltend machen kann, sind die Versicherungsabzüge limitiert wie für ein Paar, bei welchem Beide die 2.- und 3. Säule-Beiträge abziehen können – Kanton Zürich: CHF 5200 (Beide ohne Abzüge = Versicherungsabzug CHF 7800). Bei einer Einzelperson (z.B. lediger Rentner) erhöht sich der Versicherungsabzug im Kanton Zürich von CHF 2600 auf CHF 3900.

  2. von Orlikowski

    Heiratsstrafe…
    Ich arbeite und wohne von MO bis FR in der Schweiz (hohes Einkomnen) und mein Mann lebt und arbeitet in Deutschland (ebenfalls hohes Einkommen). Ich bin kein Grenzgänger. Wirkt sich die schweizer (Heirats)Steuer auf mich aus, nachdem wir vor ein paar Tagen geheiratet haben?

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