Gestikulierende Börsenhändler

Gunther Burger möchte Aktien erwerben. Er weiss, dass es grundsätzlich zwei Formen von Aktien gibt, Inhaberaktien und Namenaktien. Gunther hat zwar schon von Namenaktien, jedoch nicht von Inhaberaktien gehört. Nun möchte er sich in einem ersten Schritt über beide Aktien-Formen informieren, um danach zu entscheiden, welche Variante besser auf seine Wünsche zugeschnitten ist.

Inhaberaktien machen ihren Eigentümer zum Aktionär. Wem die Aktie gehört, der ist Aktionär der Gesellschaft. Inhaberaktien müssen liberiert werden, der Aktionär geniesst jedoch (noch) Anonymität. Bei Vorhandensein von Inhaberaktien führt die Gesellschaft kein Aktienbuch. Neben Inhaberaktien existieren auch Namenaktien. Beide haben Vor- und Nachteile. Am 1. Juli 2015 traten die GAFI-Empfehlungen i.Z.m. Inhaberaktien mit weitreichenden Konsequenzen in Kraft.

Arten von Aktien

Es gibt grundsätzlich zwei Formen von Aktien: Inhaberaktien und Namenaktien (Art. 622 Abs. 1 OR).

Namenaktien

Namenaktien sind an den Namen des Aktionärs gebunden und sind dadurch schwieriger übertragbar (Art. 622 Abs. 1 OR). Namenaktien werden durch die Übergabe des Indossaments (Wechsel oder Orderpapier) oder mittels einer separaten Abtretungserklärung (sog. Zession, Art. 164 OR) sowie der Übergabe der Urkunde (d.h. der Namenaktie) übertragen (Art. 968 Abs. 2 OR).

Inhaberaktien

Inhaberaktien sind frei übertragbar und gewähren dem jeweiligen Inhaber die Aktionärsrechte (Art. 683 Abs. 1 OR). Sie werden mit dem Besitz an der Urkunde übertragen (Art. 967 Abs. 1 OR). 

Was sind Inhaberaktien?

Inhaberaktien lauten auf den jeweiligen Inhaber des Wertpapiers (Art. 683 Abs. 1 OR).

Wie werden sie übertragen?

Inhaberaktien sind Wertpapiere, weshalb der Besitz an der Urkunde übertragen werden muss (Art. 967 Abs. 1 OR), damit der neue Eigentümer auch der Aktionär der betreffenden Gesellschaft wird (Art. 622 Abs. 1 OR). Mit anderen Worten: wer die Aktie besitzt, ist Aktionär der Gesellschaft.

Wer hat die Rechte an der Aktie?

Die Inhaberaktie gibt dem Eigentümer der Aktie alle Rechte des Aktionärs. Es dürfen die entsprechenden Aktionärsrechte ausgeübt werden, ohne dem Aktionär die Pflicht auferlegen zu dürfen, weitere Angaben zu machen. Der blosse Vorweis der Aktie ermöglicht die Ausübung der Aktionärsrechte (Art. 689a Abs. 2 OR).

Was sind Namenaktien?

Namenaktien lauten auf den Namen eines gewissen Aktionärs. Das blosse Eigentum an der Aktie genügt nicht. Namenaktien werden durch die Übergabe des Indossaments (Wechsel oder Orderpapier) oder mittels einer separaten Abtretungserklärung (sog. Zession, Art. 164 OR) sowie der Übergabe der Urkunde (d.h. der Namenaktie) übertragen (Art. 968 Abs. 2 OR).

Die Gesellschaft führt ein Aktienbuch oder ein Aktienregister und weiss dadurch genau, wer die Eigentümer der Aktien sind (Art. 686 Abs. 1 OR). Erwerber von Namenaktien müssen daher auch eine Meldung an die Gesellschaft erstatten, um zu ihren Stimmrechten zu gelangen (Art. 686 Abs. 4 OR). Die Gesellschaft darf aber gewisse Eintragungsbeschränkungen, auch Vinkulierungen genannt, vorsehen (Art. 685 ff. OR). So behält sie, innerhalb gesetzlicher Grenzen, eine gewisse Kontrolle über ihre Aktionärskreis.

Unterschiede Namen- und Inhaberaktie

  Inhaberaktien Namenaktien
Wer ist Aktionär? Der Inhaber der Aktie Derjenige, auf dessen Namen die Aktie lautet
Übergabe der Aktie Die blosse Übergabe der Aktie genügt Übergabe der Aktie und Indossament
Stimmrecht Inhaber Bei Meldung an die Gesellschaft (Vinkulierung vorbehalten)
Führt die Gesellschaft ein Aktienbuch/ Aktienregister? Register (GAFI) Ja
Sind Vinkulierungen durch die Gesellschaft möglich? Nein Ja

Von Beginn an komplette Einzahlung des Nennwerts

Der Nennwert von Inhaberaktien muss von Beginn an komplett eingezahlt, also liberiert, werden. Dies ist dadurch begründet, dass die Gesellschaft die Namen der Aktionäre mit Inhaberaktien nicht kennen muss. Somit kann sie diese nicht zu einem späteren Zeitpunkt zur Liberierung der Aktien auffordern. (Art. 683 Abs 1 OR)

Was, wenn eine Inhaberaktie vor der kompletten Liberierung ausgegeben wurde?

Inhaberaktien, die vor der Volleinzahlung ausgegeben werden, sind ungültig. (Art. 683 Abs. 2 OR)

Inhaberaktien zeichneten sich vor dem 1.7.2015 gerade dadurch aus, dass der Inhaber der Aktie anonym war. Der Inhaber einer solchen Aktie musste der Gesellschaft seinen Namen nicht preisgeben. Sogar an der Generalversammlung konnte der Inhaber einer Inhaberaktie namenlos bleiben. Dies ist heute nicht mehr möglich.

Was ist ein Aktienbuch?

Im Aktienbuch können oder dürfen nur die Namen von Namensaktionären eingetragen werden (Art. 686 Abs. 1 OR). Es dient der Gesellschaft zur sicheren Identifikation der Aktionäre und dazu, ihre Mitteilungspflichten gegenüber den Aktionären wahrzunehmen.

Führt eine Gesellschaft mit Inhaberaktien ein Aktienbuch?

Bei Inhaberaktien führt eine Gesellschaft kein Aktienbuch, aber ein Register über die vollständigen Namen oder Firma sowie die Adressen der Inhaberaktionäre (GAFI).

Die Statuten

In den Statuten einer Gesellschaft wird definiert, auf welche Weise ihre Aktionäre über Ereignisse informiert werden. Bei Inhaberaktien geschieht dies oftmals über das Schweizerische Handelsamtsblatt.

Die Einberufung zur Generalversammlung

Bei Bestehen von Inhaberaktien wird die Einberufung zur Generalversammlung normalerweise im Schweizerischen Handelsamtsblatt publiziert.

Übergabe der Aktie

Die Übertragung von Inhaberaktien ist sehr einfach. Die blosse Übergabe des Wertpapiers macht den neuen Inhaber automatisch zum Inhaber der Aktie (Art. 967 Abs. 1 OR) und der damit verbundenen Rechte (Art. 967 Abs. 1 OR). Die Übertragung kann auch mittels Besitzesanweisung erfolgen (Art. 924 ZGB), was insb. bei Inhaberaktien, die bei Banken hinterlegt sind, sinnvoll ist.

Meldung an die Gesellschaft erforderlich?

Bei Inhaberaktien ist neu eine Meldung an die Gesellschaft erforderlich, da die Gesellschaft ein Register über die Aktionäre mit Inhaberaktien zu führen hat. 

Keine Übertragungsbeschränkung durch die Gesellschaft

Bei Inhaberaktien kann die Gesellschaft keine Beschränkung der Übergabe vorsehen. Eine solche in den Statuten vorgesehene Beschränkung nennt sich Vinkulierung und ist bei Namenaktien möglich.

Statuten können vorsehen, dass Namenaktien zu einem späteren Zeitpunkt in Inhaberaktien oder Inhaberaktien später in Namenaktien umgewandelt werden können. (Art. 622 Abs. 3 OR)

Die Anonymität

Ein offensichtlicher Vorteil der Inhaberaktie war die Anonymität. Weil nicht einmal die Gesellschaft die Namen ihrer Aktionäre kannte, konnten diese vollkommen unerkannt bleiben. Dies ist heute nicht mehr möglich.

Leichte Übertragbarkeit

Bei der leichten Übertragbarkeit der Inhaberaktien durch blosse Übergabe handelt es sich um einen eher vermeintlichen Vorteil. Grössere Publikumsgesellschaften führen ihre Aktien nämlich längst elektronisch, weswegen die Verwaltung physischer Papiere eher einen Mehraufwand als einen Vorteil darstellt.

Sämtliche Aktionärsrechte auf einem anonymen Stück Papier

Hierbei handelt es sich um den wohl grössten Nachteil von Inhaberaktien. Letztere müssen unbedingt sicher und vor Diebstahl geschützt aufbewahrt werden. Falls die Aktie gestohlen wird oder verloren geht, wird es sehr kompliziert. Es ist daher empfehlenswert, die Aktien in Depots bei einer Bank aufzubewahren. 

Hintergrund

Das Bundesgesetz zur Umsetzung der 2012 revidierten GAFI-Empfehlungen tritt für das Obligationenrecht, Kollektivanlagegesetz und Bucheffektengesetz per 1. Juli 2015 in Kraft.

Meldung des Erwerbs

Der Erwerber von Inhaberaktien von nichtkotierten Gesellschaften den Erwerb, seinen vollständigen Namen oder Firma sowie seine Adresse innert Monatsfrist melden (Art. 697i Abs. 1 E-OR).

Wirtschaftlich berechtigte Personen

Neu wird eine Meldepflicht für wirtschaftlich berechtigte Personen eingeführt, wenn ihre Beteiligung an einer nicht-kotierten Aktiengesellschaft grösser als 25% ist (Art. 697j Abs. 1 E-OR).

Keine Meldepflicht

Die Meldepflichten (bei Erwerb sowie bei wirtschaftlich berechtigten Personen) bestehen nicht, wenn die Aktien als Bucheffekten ausgestaltet sind.

Konsequenzen für den Aktionär

Bis der Aktionär seinen Meldepflichten nachgekommen ist, ruhen die Mitgliedschafts- und Vermögensrechte des Erwerbers (Art. 697i E-OR).

Verzeichnis 

Die Gesellschaft hat ein Verzeichnis über die Inhaberaktionäre und die gemeldeten wirtschaftlich Berechtigten zu führen (Art. 697l E-OR).

Anonymität

Der Aktionär kann die Meldungen an einen Finanzintermediär erstatten, wenn dies die Generalversammlung so vorsieht. Der Verwaltungsrat bezeichnet in einem solchen Fall den zuständigen Finanzintermediär. Dieser kann jederzeit Auskunft darüber geben, für welche Inhaberaktien die vorgeschriebenen Meldungen erstattet und der Besitz nachgewiesen wurde. Die Anonymität kann so weiterhin gewahrt werden. (Art. 697k E-OR

Gunther Burger hat sich eingehend mit den Inhaberaktien beschäftigt. Er findet es sehr angenehm, dass man als Inhaberaktionär anonym bleibt. Er ist aber etwas eingeschüchtert davon, wie einfach ihm jemand seine Aktie entwenden könnte. Da er auch eher zur chaotischen Sorte gehört, befürchtet er auch seine Wertpapiere womöglich zu verlegen. Er persönlich findet es deswegen sicherer, dass die Aktie auf seinen Namen lautet und die Gesellschaft über seine Angaben Bescheid weiss. Daher entscheidet sich Gunther für den Erwerb von Namenaktien.

Inhaberaktien haben den Vorteil, dass sie leicht übertragbar sind und dem Aktionär Anonymität ermöglichen. Sie sind jedoch auch mit Nachteilen behaftet. Man sollte sich gründlich über die Unterschiede zwischen Namen- und Inhaberaktien informieren, bevor man sich für die eine oder andere Variante entscheidet.

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Unser Autor

Steuer- und Rechtsberatung artax Fide Consult AG

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