Mann analysiert Geschäftszahlen
Was das Gesetz sagt
Der Lagebericht stellt den Geschäftsverlauf und die wirtschaftliche Lage des Unternehmens sowie gegebenenfalls des Konzerns am Ende des Geschäftsjahres unter Gesichtspunkten dar, die in der Jahresrechnung nicht zum Ausdruck kommen. (Art. 961c Abs. 1 OR)
Teil des Geschäftsberichts
Der Lagebericht ist kein Bestandteil der Jahresrechnung, sondern ein unabhängiger und eigenständiger Teil des Geschäftsberichts (Art. 958 Abs. 2 OR).
Rechenschafts- und Informationsfunktion
Der Lagebericht ist als Teil des Geschäftsberichts genehmigungspflichtig durch die Generalversammlung (oder dergleichen, Art. 958 Abs. 3 Satz 1 OR). Das oberste Leitungs- oder Verwaltungsorgan soll Rechenschaft über seine Tätigkeit ablegen, da es bei grösseren Unternehmen regelmässig eine Trennung zwischen Kapitalgeber und Unternehmensleitung gibt (sog. Principal-Agent-Problematik). Diejenigen Anspruchsgruppen, die keinen Zugang zu internen Informationen haben, dient der Lagebericht als Informationsquelle für wirtschaftliche Entscheidungen. (Art. 963b Abs. 3 OR)
Ergänzungsfunktion
Der Lagebericht geht auf Punkte ein, die in der Jahresrechnung nicht zum Ausdruck kommen und hat daher eine Ergänzungsfunktion. Das Gesamtbild, welches dem Adressaten durch den Lagebericht vermittelt wird, ermöglicht in Ergänzung zu den nüchternen Zahlen der Jahresrechnung eine Beurteilung der Chancen und Risiken des entsprechenden Unternehmens.
Form
Die Jahresrechnung ist in Zahlen gehalten, weshalb der Lagebericht dem Sinn und Zweck nach ein Textdokument sein sollte.
Geschäftsverlauf und Lage
Der Lagebericht hat den Geschäftsverlauf und die wirtschaftliche Lage des Unternehmens am Ende des Geschäftsjahres (Bilanzstichtag) darzustellen. (Art. 961c Abs. 1 OR)
Themen
Unter dem Geschäftsverlauf wird ein Überblick über die Geschäftstätigkeit verstanden. Es sollen dabei die Ereignisse aufgezeigt werden, welche einen günstigen oder ungünstigen Einfluss auf die Entwicklungen hatten (Art. 961c Abs. 1 OR). Mögliche Themen sind bspw. (gesetzlich vorgegebene Themen gem. Art. 961c Abs. 2 OR sind fett gekennzeichnet):
- Branchenentwicklung und Rahmenbedingungen;
- Bestellungs- und Auftragslage, Preis- und Mengenänderungen sowie Kundenabhängigkeiten;
- Finanzen und Liquidität;
- Personal (Anzahl Vollzeitstellen);
- Beschaffung und Produktion;
- Forschung und Entwicklung;
- Investitionen, strategische Beteiligungen und geplante Investionen;
- Nachhaltigkeit und Umweltmassnahmen;
- Besondere Ereignisse;
- Risikobeurteilung;
- Zukunftsprognosen;
- Analyse der Jahresrechnung.
Analysen
Redundanzen zur Jahresrechnung sind zu vermeiden. Was der Jahresrechnung entnommen werden kann, bringt keinen grossen Mehrwert. Eine sinnvolle Variante sind daher Analysen in verschiedenen Ausprägungen (bspw. Soll-Ist-Vergleiche von Leistungen und Ergebnissen sowie Analyse von Schlüsselkennzahlen).
Die Grundsätze der ordnungsgemässen Rechnungslegung sind grösstenteils auch für den Lagebericht anwendbar:
- Klarheit und Verständlichkeit;
- Vollständigkeit;
- Verlässlichkeit;
- Wesentlichkeit, sowie
- Stetigkeit. (Art. 958c Abs. 1 OR)
Pflicht für Lagebericht
Zur Erstellung eines Lageberichts sind von Gesetzes wegen die grösseren Unternehmen, d.h. diejenigen Unternehmen, die der ordentlichen Revision unterliegen, verpflichtet. Dazu zählen:
- Publikumsgesellschaften: (Art. 727 Abs. 1 Ziff. 1 OR)
- kotierte Beteiligungspapiere;
- ausstehende Anleihensobligationen, oder
- Beitrag von mind. 20% der Aktiven oder Umsatzerlöse an eine Konzerngesellschaft, die entweder kotiert ist, oder ausstehende Anleihensobligationen hat.
- Wirtschaftlich bedeutende Unternehmen (2 von 3): (Art. 727 Abs. 1 Ziff. 2 OR)
- Bilanzsumme: 20 Millionen Franken
- Umsatz: 40 Millionen Franken
- Vollzeitstellen: 250 im Jahresdurchschnitt
- Unternehmen, die zur Erstellung einer Konzernrechnung verpflichtet sind. (Art. 727 Abs. 1 Ziff. 3 OR)
Keine Pflicht
Folgende Fälle lösen demnach keine Pflicht zur Erstellung eines Lageberichts aus:
- Statuten sehen eine ordentliche Revision vor; (Art. 727 Abs. 3 OR)
- falls die General-, Genossenschafter-, Gesellschafter- oder Vereinsversammlung einen dementsprechenden Beschluss fasst;
- wenn nachschusspflichtige GmbH-Gesellschafter eine ordentlichen Revision verlangen; (Art. 818 Abs. 2 OR)
- wenn persönlich haftbare oder nachschusspflichtige Genossenschafter eine ordentlichen Revision verlangen; (Art. 906 Abs. 2 OR)
- wenn Gesellschafter, die zusammen mind. 10% des Grundkapitals vertreten, eine ordentlichen Revision verlangen; (Art. 727 Abs. 2 OR)
- wenn die Aufsichtsbehörde einer Stiftung eine ordentliche Revision verlangt. (Art. 83b Abs. 4 ZGB)
Der Lagebericht muss sich auf den Konzern als wirtschaftliche Einheit beziehen. Es ist für die Zwecke des Lageberichts davon auszugehen, das die Konzernunternehmen ein einziges Unternehmen ist.
Der Lagebericht darf der dargestellten wirtschaftlichen Lage in der Jahresrechnung nicht widersprechen. (Art. 961c Abs. 3 OR)
Der Lagebericht kann daher nicht zur Korrektur einer gesetzwidrigen Jahresrechnung verwendet werden.
Mit der Revision des Rechnungslegungsrechts müssen Unternehmen, die zur ordentlichen Revision verpflichtet sind, zusätzlich zur Jahresrechnung eine Geldflussrechnung und einen Lagebericht erstellen. Der Lagebericht hat sowohl eine Rechenschafts- und Informationsfunktion, als auch eine Ergänzungsfunktion. Der Lagebericht hat 6 Themen, wie die Risikobeurteilung und Zukunftsaussichten, die mindestens behandelt werden müssen. Der Lagebericht im Konzern fingiert ein einziges Unternehmen. Desweitern darf der Jahresbericht der Jahresrechnung nicht widersprechen.
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