Per Handschlag zum Miteigentümer

Susi Süss hat schon viel über die sogenannten Mitarbeiterbeteiligungen gehört. Sie hat jedoch bisher nie genau verstanden, worum es sich dabei genau handelt. Sie möchte mehr darüber erfahren, da sie bald Mitarbeiterin der Zuckerkorn AG wird.

Bei Mitarbeiterbeteiligungen handelt es sich um einen Innominatvertrag, da diese bisher nicht durch spezifische Normen geregelt sind. Es gibt zwei Artend.h. echte und unechte Mitarbeiterbeteiligungen. Diese bringen unterschiedliche Vor- und Nachteile mit sich, wobei Unternehmen sie nicht per se zwingend gewähren müssen. In manchen Fällen besteht jedoch ein Beteiligungsanspruch. Dem Arbeitgeber steht die Möglichkeit zur Einführung einer Verfügungssperre oder einer Vesting-Klausel offen. Wird das Arbeitsverhältnis vor Gewährung der Beteiligungsrechte beendet, gelten gewisse Bestimmungen. Wenn es ausdrücklich vertraglich vereinbart wurde, gibt es sowohl Rückgabepflicht als auch Rückgaberecht. Schlussendlich gilt es noch zu erwähnen, dass Mitarbeiterbeteiligungen der Steuerpflicht unterliegen.

Die Mitarbeiterbeteiligung im Gesellschaftsrecht bedeutet eine vertragliche, normalerweise auch anhaltende, Beteiligung von Mitarbeitenden am Kapital des Arbeitgebers (d.h. Unternehmen). So tragen Personen mit Mitarbeiterbeteiligung nicht nur den Erfolg einer Gesellschaft, sondern auch das Risiko eines Kapitalverlustes.

Die Rechtsordnung selber enthält keine spezifischen Normen für die Mitarbeiterbeteiligung, weshalb die rechtliche Einordnung nicht ganz einfach ist. Es handelt sich dabei um einen Vertrag „sui generis“, also eine Vertragsart, die im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt ist. Eine andere Bezeichnung dafür ist der „Innominatvertrag“. Lediglich im Steuergesetz existiert eine Definition der Mitarbeiterbeteiligung, sowie Bestimmungen über deren steuerliche Behandlung. Die einzelnen Aspekte der Mitarbeiterbeteiligung werden aber dennoch grösstenteils von den allgemeinen Bestimmungen des Obligationenrechts gedeckt, weshalb eine analoge Anwendung derselben stattfindet.

Zwei Arten

Die Mitarbeiterbeteiligungen gibt es in zwei verschiedenen Arten. Einerseits gibt es die echte Mitarbeiterbeteiligung und andererseits die unechte Mitarbeiterbeteiligung.

Echte Mitarbeiterbeteiligungen

Definition

Echte Mitarbeiterbeteiligungen lassen den Mitarbeitenden am Eigenkapital des Unternehmens teilhaben. Dies kann entweder durch direkte Vergabe von Beteiligungspapieren erfolgen oder auch indirekt, d.h. durch die Vergabe von Optionen, welche zum Bezug von Beteiligungspapieren berechtigen.

Beispiele

Unter die echten Mitarbeiterbeteiligungen fallen beispielsweise Aktien, Genossenschaftsanteile, Genussscheine, Partizipationsscheine oder auch Beteiligungen anderer Art. Ebenso fallen darunter Optionen auf den Erwerb der genannten Beteiligungen. (Art. 17a Abs. 1 DBG)

Unechte Mitarbeiterbeteiligungen

Definition

Bei den unechten Mitarbeiterbeteiligungen handelt es sich um Eigenkapital- oder aktienkursbezogene Anreize, die keine Teilhabe am Eigenkapital eines Unternehmens ermöglichen, sondern normalerweise nur Bargeldabfindungen. Diese Abfindungen bestimmen sich nach der wertmässigen Entwicklung der Basistitel.

Beispiele

Unter die unechten Mitarbeiterbeteiligungen fallen die Phantom Stocks, sogenannte synthetische Aktien, und die Stock Appreciation Rights, sogenannte synthetische Optionen. Ebenso tun es Formen von Co-Investments. (Art. 17a Abs. 2 DBG)

Freiwilligkeitsvorbehalt

Bezüglich Mitarbeiterbeteiligungen wird häufig ein sogenannter Freiwilligkeitsvorbehalt ausgemacht. Dieser Freiwilligkeitsvorbehalt soll in der Zukunft liegende Geltendmachung von Rechtsansprüchen des Arbeitnehmers aus den bisher und momentan erbrachten Leistungen verhindern.

Macht ein solcher Sinn?

Die konkreten Verhältnisse müssen beurteilt werden, damit festgestellt werden kann, ob ein Freiwilligkeitsvorbehalt an den Mitarbeiterbeteiligungen angebracht wäre. Wenn Mitarbeiterbeteiligungen als Teil einer Gesamtvergütung ausgestaltet worden sind, gehen die Mitarbeiter oftmals davon aus, dass ihnen die Beteiligungsrechte vorbehaltlos zukommen. Es ist jedoch hierfür entscheidend, was vertraglich vereinbart wurde.

Entstehung

Ein Beteiligungsanspruch eines Mitarbeitenden kann in folgenden Fällen zustande kommen:

  • Wenn mündlich oder schriftlich vereinbart,
  • durch konkludentes Verhalten, oder 
  • wenn es in der Betriebsübung liegt.

Analogie zur Gratifikation

Für das Entstehen eines Beteiligungsanspruches gelten analog die Regeln der Gratifikation (analoge Anwendung von Art. 322d OR):

  • Es entsteht ein Beteiligungsanspruch nach dreimaliger aufeinanderfolgender Austeilung von Beteiligungsrechten, ausser es wurde kein Freiwilligkeitsvorbehalt abgegeben oder dieser trotz Möglichkeit nicht genutzt wurde)
  • Wenn ein Anspruch auf Abschluss eines Optionsvertrages besteht

In den meisten Fällen werden Erwerb bzw. die Ausübung von Beteiligungsrechten von gewissen Umständen abhängig gemacht. Dies können die Folgenden sein:

  • eine bestimmte Mindestdauer des Arbeitsverhältnisses;
  • das Erreichen gewisser Erfolge als Voraussetzung für die Gewährung der Beteiligungsrechte;
  • Vereinbarung einer Karenzfrist;
  • die Ausgestaltung der Mitarbeiterbeteiligung als Teil des Einkommens;
  • die Ausgestaltung der Mitarbeiterbeteiligung als Entschädigung;
  • Vereinbarung von Verfügungssperren;
  • Vereinbarung von Ausübungsfristen, etc.

Was ist eine Sperrfrist?

Bei einer Verfügungssperre handelt es sich um eine Sperrfrist, während welcher die Mitarbeiter die Mitarbeiterbeteiligungen weder veräussern, ausüben, verpfänden noch in anderer Weise belasten dürfen.

Ziele der Sperrfrist

Mit einer Sperrfrist können folgende Ziele verfolgt werden:

  • Verhinderung eines Mitarbeiterverhaltens, welches auf kurzfristige persönliche Gewinnoptimierung ausgerichtet ist, sowie
  • Bindung der Mitarbeitenden an die Unternehmung

Folgen der Sperrfrist

Der Aufschub der Fälligkeit von Beteiligungen eines Mitarbeiters führt zu einer bestimmten Überwälzung des Risikos einer Unternehmung auf den Betroffenen. Dies bedeutet beispielsweise das Risiko, den Arbeitsplatz zu verlieren. Es kann aber auch das Risiko heissen, einen substantiellen Teil der Gesamtvergütung nicht zu erhalten. Wenn bereits Steuern erbracht wurden, kann eventuell ein steuerlich nicht abzugsfähiger Verlust entstehen.

Der Begriff Vesting

Beim Vesting handelt es sich um eine Abrede, der zufolge die jeweiligen Mitarbeiterbeteiligungsrechte verfallen, wenn das Arbeitsverhältnis beendet wird, bevor die „Vesting-Periode“ verstrichen ist. Die „Vesting-Periode“ ist also eine Wartefrist, während welcher der betroffene Mitarbeiter bloss eine Anwartschaft auf bestimmte Beteiligungen hat. Diese kann verfallen, oder aber bei Einhaltung der Wartefrist einen bedingungslosen definitiven, vom Arbeitsverhältnis losgelösten, Anspruch auslösen.

Ziele des Vesting

Durch die Vereinbarung von Vesting-Klauseln wird die Betriebstreue gefördert. Die „Vesting-Periode“ muss auch nicht mit einer Sperrfrist identisch sein. Wenn die beiden Fristen voneinander abweichen, so fällt die „Vesting-Periode“ normalerweise kürzer aus.

Abgrenzung zur Verfügungssperre

Im Gegensatz zur Verfügungssperre belohnt die Vesting-Klausel die Treue eines Mitarbeiters zu seinem Arbeitgeber. Die Verfügungssperre ist, im Gegensatz zur Vesting-Klausel, oft von finanziellen Überlegungen motiviert.

Anspruch

Je nach juristischer Qualifikation besteht ein Beteiligungsanspruch des Mitarbeiters auch wenn das Arbeitsverhältnis vor Gewährung der Beteiligungsrechte beendet wurde.

Mitarbeiterbeteiligung als Lohnbestandteil

Wenn die Mitarbeiterbeteiligung dem Arbeitnehmer in Form eines Lohbestandteiles zusteht, so besteht ein Anspruch auf Gewährung der Beteiligungsrechte.

Mitarbeiterbeteiligung kein Lohnbestandteil

In diesem Falle gibt es grundsätzlich keinen Anspruch. Es sei denn es herrscht eine dem widersprechende Betriebsübung oder eine mehr als dreimalig erfolgte Leistung, welche den Freiwilligkeitsvorbehalt derogiert. Es gilt aber in diesen Ausnahmefällen dennoch das Kürzungsrecht des Arbeitgebers. (Art. 322d Abs. 2 OR)

Rückgabepflicht

Bei Gesellschaften, welche nicht an der Börse kotiert sind, kann es sinnvoll sein, eine Rückgabepflicht für Mitarbeiterbeteiligungen vorzusehen. Dies steht im Interesse des Arbeitgebers und der Stammaktionäre, da diese die Aktien beisammen und nicht zerstreut haben wollen. Wenn eine solche Rückgabepflicht festgelegt werden will, so muss sie ausdrücklich und detailliert vereinbart worden sein.

Folgende Punkte müssen festgelegt worden sein:

  • Der Anlass für eine Rückgabe
  • Der Zeitpunkt der Rückgabe
  • Der Preis für die Rückgabe
  • Der Empfänger der Rückgabe

Rückgaberecht

Es kann aber auch im Interesse des Mitarbeiters sein, die Aktien wieder zurückgeben zu können. Dieses kann sich sogar mit dem Interesse des Arbeitgebers decken.

So gilt auch hier, dass gewisse Punkte ausdrücklich geregelt worden sein müssen:

  • Der Anlass für eine Rückgabe
  • Der Preis für die Rückgabe
  • Der Empfänger der Rückgabe

Einkünfte aus echten Mitarbeiterbeteiligungen

Grundsatz

Die finanziellen Vorteile, welche dem Mitarbeiter aus echten Mitarbeiterbeteiligungen erwachsen, mit Ausnahme von gesperrten oder nicht börsenkotierten Optionen, sind als Einkommen aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit zu versteuern. Wenn ein Erwerbspreis dafür geleistet werden musste, ist dieser Betrag abzuziehen. (Art. 17b Abs. 1 DBG)

Sperrfrist

War eine Sperrfrist vereinbart, so wird ein Diskont von 6% pro Sperrjahr auf den Verkehrswert der Mitarbeiteraktien berücksichtigt. Dieser Abschlag gilt für maximal zehn Jahre. (Art. 17b Abs. 2 DBG)

Optionen

Wenn der Mitarbeiter Anspruch auf finanzielle Vorteile aus gesperrten oder nichtbörsenkotierten Optionen hat, werden diese bei deren Ausübung besteuert. Es gilt der Verkehrswert der Aktie bei Ausübung minus den Ausübungspreis. (Art. 17b Abs. 3 DBG)

Einkünfte aus unechten Mitarbeiterbeteiligungen

Die finanziellen Vorteile, welche dem Mitarbeiter aus unechten Mitarbeiterbeteiligungen erwachsen, sind zum Zeitpunkt ihres Zuflusses zu versteuern. (Art. 17c DBG)

Vorteile

Natürlich bringen Mitarbeiterbeteiligungen Vor- und Nachteile mit sich. Durch Mitarbeiterbeteiligungen besteht die Möglichkeit der Vermögensbildung bei den Mitarbeitenden. Ausserdem kann sich diese Möglichkeit positiv auf die Motivation der Mitarbeiter auswirken. Dies wiederum führt im besten Falle zu gesteigerten Leistungen.

Die Mitarbeitenden haben dadurch Mitbestimmungsmöglichkeiten. Ausserdem wird die Überbrückung von Kapital und Arbeit gefördert.

Nachteile

Natürlich sind diese positiven Auswirkungen auch mit negativen Aspekten behaftet. So bergen Mitarbeiterbeteiligungen gewisse finanzielle Risiken für die Mitarbeiter. Ein Beispiel dafür ist das Dividendenrisiko oder auch das Kursrisiko. Je nach Sperrfrist bzw. Vesting-Klausel kann sich ausserdem eine Art „goldene Fessel“ für Mitarbeiter ergeben.

Aber auch für die Arbeitgeber können Nachteile entstehen. So könnten die Mitarbeitenden aus Eigeninteressen beispielsweise zur Eingehung erhöhter Risiken ermutigt werden. Ausserdem ist das Beteiligungsprogramm häufig mit erhöhten Kosten und intensiverer Administration verbunden. Für Aktionäre kann sich beispielsweise ein Risiko zur Verwässerung der Stimmrechte ergeben.

Marco Milchmann war Mitarbeiter der Flüssig AG. Nun wurde das Arbeitsverhältnis früher beendet, als er dachte. Er weiss jedoch, dass ihm laut seines Arbeitsvertrages Mitarbeiterbeteiligungen als Lohnbestandteil zustehen. Diese will er von der Flüssig AG erhalten. Da sie ihm als Lohnbestandteil zugesagt wurden, muss die Flüssig AG ihm seinen Anteil auszahlen. Diese echten Mitarbeiterbeteiligungen muss Marco Milchmann als Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit versteuern.

Eine Mitarbeiterbeteiligung bedeutet die Beteiligung von Mitarbeitenden am Kapital des arbeitgebenden Unternehmens. Personen mit Mitarbeiterbeteiligung tragen jedoch nicht nur den Erfolg einer Gesellschaft, sondern auch das Risiko eines Kapitalverlustes.

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