Revisor mit Agenda
Es existiert einerseits die ordentliche Revision, welche für Publikumsgesellschaften und andere Unternehmen von „wirtschaftlicher Bedeutung“ obligatorisch ist (Art. 727 OR). Daneben existiert die eingeschränkte Revision, welche in der Praxis als der Normalfall betrachtet wird (Art. 727a OR). Diese müssen grundsätzlich alle Unternehmen durchführen, die nicht zur ordentlichen Revision verpflichtet sind, ausser sie können darauf verzichten (sog. opting out, Art. 727a Abs. 2 OR).
Gewisse Gesellschaften sind nach dem Gesetz verpflichtet, ihre Jahresrechnung und ihre Konzernrechnung durch eine Revisionsstelle ordentlich prüfen zu lassen. Im Folgenden wird erklärt, wann eine ordentliche Revision durchgeführt werden muss, worin diese besteht und wie sie genau abläuft.
Pflicht
Grundregel
Folgende Gesellschaften müssen eine ordentliche Revision durchführen:
Pflicht zur ordentlichen Revision
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Kriterien (Art. 727 Abs. 1 OR) | Anforderungen an Revisionsstelle (Art. 727b OR) |
Publikumsgesellschaften |
Falls eines der 3 Kriterien erfüllt ist:
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Staatlich beaufsichtigtes
Revisionsunternehmen
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Wirtschaftlich bedeutende Unternehmen |
Falls zwei der drei Kriterien während zweier aufeinanderfolgender Geschäftsjahre erfüllt sind:
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Staatlich beaufsichtigtes
Revisionsunternehmen oder zugelassener Revisionsexperte
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Konzerngesellschaften | Falls die Gesellschaft zur Erstellung einer Konzernrechnung verpflichtet ist. |
Staatlich beaufsichtigtes
Revisionsunternehmen oder zugelassener Revisionsexperte
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Auf Verlangen
Eine ordentliche Revision muss auch vorgenommen werden, wenn Aktionäre, die zusammen mindestens 10% des Aktienkapitals vertreten, dies verlangen (Art. 727 Abs. 2 OR).
Merke: Die ordentliche Revision muss in diesen Fällen von einem staatlich beaufsichtigten Revisionsunternehmen vorgenommen werden.
Freiwillige Unterstellung
Ein Unternehmen kann auch freiwillig bestimmen, dass es sich einer ordentlichen Revision unterziehen will. Die Statuten einer Gesellschaft oder deren Generalversammlung können bestimmen, dass eine ordentliche Revision vorgenommen werden soll (Art. 727 Abs. 3 OR).
Dies kann durchaus sehr sinnvoll sein, wenn beispielsweise
- Lieferanten oder Kreditgeber als Voraussetzung für eine Kreditvergabe eine ordentliche Revision verlangen, oder
- wenn letztere erforderlich ist für eine Zertifizierung als Zulieferer.
Eingeschränkte Revision
Aktiengesellschaften, Genossenschaften sowie Stiftungen, die diese Kriterien für die ordentliche Revision nicht erfüllen, müssen sich der so genannten eingeschränkten Revision unterziehen.
Unabhängiges und objektives Prüfungsurteil
Die Revisionsstelle oder der zugelassene Experte muss unabhängig sein und das Urteil über die ordentliche Revision objektiv bilden. Diese Unabhängigkeit darf weder tatsächlich noch dem Anschein nach fragwürdig sein. (Art. 728 Abs. 1 OR)
Kriterien
- Personen die mit der ordentlichen Revision beauftragt sind, dürfen nicht dem Verwaltungsrat der zu prüfenden Gesellschaft angehören, eine andere Mitwirkungsfunktion innehaben oder ein arbeitsrechtliches Verhältnis zu ihr haben (Art. 728 Abs. 2 Ziff. 1 OR);
- Prüfer dürfen keine direkte oder bedeutende indirekte Beteiligung am Aktienkapital, sowie keine wesentliche Schuld oder Forderung gegenüber der Gesellschaft haben (Art. 728 Abs. 2 Ziff. 2 OR);
- Der Prüfer darf keine enge Beziehung zu einem der Verwaltungsratsmitglieder, zu einer Person mit Entscheid-Funktion oder zu einem wichtigen Aktionär haben (Art. 728 Abs. 2 Ziff. 3 OR);
- Es darf nicht bei der Buchführung mitgewirkt werden, oder auf andere Weise Dienstleistungen erbracht werden. Dies soll verhindern, dass die Revisionsstelle eigene Arbeiten überprüft (Art. 728 Abs. 2 Ziff. 4 OR);
- Es darf kein Auftrag angenommen werden, der zu wirtschaftlicher Abhängigkeit führt (Art. 728 Abs. 2 Ziff. 5 OR);
- Es darf kein Vertrag geschlossen werden, der ein Interesse der Revisionsstelle am Prüfungsergebnis weckt (Art. 728 Abs. 2 Ziff. 6 OR);
- Die Revisionsstelle darf ausserdem keine besondere Vorteile oder wertvolle Geschenke annehmen (Art. 728 Abs. 2 Ziff. 7 OR).
Aufgaben der Revisoren
Die Revisionsstelle oder der Revisionsexperte prüft im Rahmen der ordentliche Revision ob:
- die Jahresrechnung und die Konzernrechnung dem Gesetz, den Statuten sowie dem Regelwerk entsprechen (Art. 728a Abs. 1 Ziff. 1 OR),
- das Anliegen des Verwaltungsrats an die Generalversammlung bezüglich Verwendung des Bilanzgewinnes sowohl dem Gesetz, als auch den Statuten entspricht (Art. 728a Abs. 1 Ziff. 2 OR),
- ein internes Kontrollsystem (IKS) vorhanden ist. (Art. 728a Abs. 1 Ziff. 3 OR)
Prüfung des internen Kontrollsystems
Die Revisionsstelle bzw. der Revisionsexperte prüft nur die Dokumentation der Ausgestaltung und der Umsetzung des internen Kontrollsystems. Nicht geprüft wird das dauerhafte und mängelfreie Funktionieren des internen Kontrollsystems.
Was ist das interne Kontrollsystem?
Unternehmen die eine ordentliche Revision durchführen müssen, sind verpflichtet ein internes Kontrollsystem aufzubauen. Die konkrete Ausgestaltung des internen Kontrollsystems ist auf die jeweiligen Gegebenheiten des Unternehmens anzupassen.
Anhaltspunkte sind:
- die Grösse des Unternehmens,
- dessen Risikoprofil,
- die Art der Finanzierung, und
- die Komplexität der Geschäftstätigkeit.
Wichtig ist, dass sich das interne Kontrollsystem auf die Prozesse konzentriert, welche einen wesentlichen Einfluss auf die Jahresrechnung haben können. Das interne Kontrollsystem umfasst die Gesamtheit der Kontrollmechanismen, welche bewirken, dass Prozesse sicherer ablaufen und Fehlen vermindert oder verhindert werden. Es handelt sich also nicht um eine losgelöste Kontrollmassnahme, sondern ist vielmehr ein System aller vorhandenen Kontrollmechanismen.
Wozu dient das interne Kontrollsystem?
Das interne Kontrollsystem unterstützt
- die geschäftspolitischen Ziele,
- die Einhaltung von Gesetzen und Statuten,
- den Schutz des Geschäftsvermögens,
- die Verhinderung, Verminderung und Erkennung von Fehlern,
- die Sicherstellung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Buchführung sowie eines verlässlichen finanziellen Berichtes, und
- eine gute Geschäftsführung.
Bericht an den Verwaltungsrat
Die Revisionsstelle gibt dem Verwaltungsrat einen detaillierten Bericht ab, mit Angaben über die Rechnungslegung, das interne Kontrollsystem und über die Durchführung und das Ergebnis der Revision. (Art. 728 Abs. 1 OR)
Bericht an die Generalversammlung
Die Revisionsstelle gibt der Generalversammlung einen schriftlichen zusammenfassenden Bericht ab über das Resultat der Revision. (Art. 728 Abs. 2 OR)
Dieser Bericht enthält:
- Angaben über das Resultat der Prüfung,
- Angaben zur Unabhängigkeit,
- Angaben zur Revisions-leitenden Person, und deren fachlicher Kompetenz, und
- eine Empfehlung, ob die Jahresrechnung und die Konzernrechnung zu genehmigen oder abzulehnen.
Unterschrift
Die Berichte müssen von derjenigen Person unterzeichnet werden, welche die Revision geleitet hat (Art. 728 Abs. 3 OR).
Anzeige an den Verwaltungsrat
Wenn die Revisionsstelle Verstösse gegen Gesetz, Statuten oder Organisationsreglement feststellt, so muss sie dies in schriftlicher Form dem Verwaltungsrat melden (Art. 728c Abs. 1 OR).
Anzeige an die Generalversammlung
Wenn diese Verstösse wesentlich sind, oder der Verwaltungsrat keine Massnahmen ergreift, so muss die Revisionsstelle die Generalversammlung informieren (Art. 728c Abs. 2 OR).
Anzeige an das Gericht
Bei einer offensichtlichen Überschuldung der Gesellschaft, welche der Verwaltungsrat nicht anzeigt, muss die Revisionsstelle das Gericht informieren. (Art. 728c Abs. 3 OR)
Aktionäre, die zusammen mindestens 10 Prozent des Aktienkapitals vertreten, können bei Unternehmen, die nur zu einer eingeschränkten Revision verpflichtet sind, auch die ordentliche Revision verlangen. (Art. 727 Abs. 3 OR)
Die Revisionsstelle haftet für Schäden, welche sie verursacht. Voraussetzung für die Haftung ist ein entstandener Schaden, den die Revisionsstelle verschuldet hat. Die Revisionsstelle haftet nur, wenn der Geschädigte
- Schaden
- Verschulden
- Pflichtverletzung
- Kausalzusammenhang
einzeln nachweisen kann.
Die Milchmann AG hat sich der ordentlichen Revision unterzogen. Ihre Jahresrechnung und ihre Konzernrechnung wurden von der staatlichen Revisionsstelle auf Gesetzmässigkeit und Übereinstimmung mit den Statuten geprüft. Die Anliegen des Verwaltungsrats an die Generalversammlung bezüglich Verwendung des Bilanzgewinnes entsprechen sowohl dem Gesetz als auch ihren Statuten. Die Milchmann AG verfügt auch über ein internes Kontrollsystem. Die Revisionsstelle hat Bericht an den Verwaltungsrat und die Generalversammlung erstattet. Es wurden keine Unstimmigkeiten bei der Milchmann AG festgestellt.
Publikumsgesellschaften, sowie andere wirtschaftlich bedeutende Gesellschaften und Gesellschaften, die eine Konzernrechnung erstellen müssen, haben sich der ordentlichen Revision zu unterziehen. Diese wird durch eine staatliche Revisionsstelle vorgenommen. Diese muss ihr Prüfungsurteil objektiv und unabhängig bilden. Es folgt eine Berichterstattung an Verwaltungsrat und Generalversammlung, sowie im Falle der Aufdeckung einer Unstimmigkeit eine Anzeige.
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