Ich war es nicht!
Anwendungsbereich
Die Sachgewährleistung findet bei Spezieswaren und bei Gattungswaren Anwendung. Bei den Spezieswaren wird die Sachgewährleistung angewendet, wenn das gelieferte Produkt qualitative Mängel aufweist. Alternativ stehen dem Käufer auch die Ansprüche aus dem Grundlagenirrtum zur Verfügung. Beim Gattungskauf wird zwischen dem Verzug und der Sachgewährleistung unterschieden. Liefert der Verkäufer ein Gut einer anderen Gattung (aliud), so liegt ein Fall eines Schuldnerverzugs vor, da die Sachgewährleistung mangels Erfüllung noch nicht angewendet werden kann. Gehört das Produkt zur geschuldeten Gattung, aber weicht von der vereinbarten oder gesetzlichen Qualität ab, so hat der Schuldner zwar erfüllt, aber nicht richtig (sog. peius), weshalb die Sachgewährleistung zur Anwendung gelangt.
Beim Forderungskauf kommen die Vorschriften zur Zession zur Anwendung, welche die Sachgewährleistung aus dem Kaufrecht verdrängen. Dazu gehören die Haftung für den Bestand der Forderungen, aber nicht für die Zahlungsfähigkeit, wobei die Haftung bei entgeltlicher Abtretung auf die Höhe der Gegenleistung beschränkt ist.
Sachmangel
Grundsatz
Damit die Sachgewährleistung geltend gemacht werden kann, sind folgende Voraussetzungen kumulativ zu erfüllen:
- der Kaufsache fehlen zugesicherte Eigenschaften, oder
- der Wert der Kaufsache oder deren Tauglichkeit zum vorausgesetzten Gebrauch ist aufgehoben oder erheblich vermindert;
- der geltend gemachte Sachmangel muss bereits vor dem Gefahrenübergang bestanden haben;
- der Käufer wusste nichts vom Sachmangel zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses;
- der Käufer hat die Sache unverzüglich geprüft und gerügt;
- die Fristen wurden eingehalten und
- es liegt keine vertragliche Beschränkung der Sachgewährleistung vor.
Zugesicherte Eigenschaften
Ein Sachmangel liegt vor, wenn die gelieferte Sache nicht über die Eigenschaften verfügt, die nach Treu und Glauben vom Käufer erwartet werden durften (BGE 4a_173/2014 E. 5.2), d.h. eine ungünstige Abweichung von der Sollbeschaffenheit vorliegt (Schweizerisches Obligationenrecht Besonderer Teil, Koller, 2012, § 4 N 139) oder bei einer Abweichung von den zugesicherten Eigenschaften (Art. 197 OR), welche nicht erheblich sein zu hat (BGE 4a_401/2011 E. 3.1).
Als Zusicherung gilt die Erklärung des Verkäufers über das Vorliegen von Eigenschaften oder über das Fehlen von Mängeln. Diese Zusicherung kann sowohl ausdrücklich als auch konkludent erfolgen (BGE 102 II 97 E. 2a). Die rechtsgeschäftliche Erklärung der Zusicherung des Verkäufers muss für den Käufer kausal für dessen Kaufentschluss und dies vom Verkäufer erkennbar gewesen sein. Als Zusicherung gilt dabei jede Erklärung durch den Verkäufer, welcher vom Käufer als Zusicherung von objektiv feststellbaren Eigenschaften verstanden werden darf (BGE 4C.119/2005 E. 2.3), weshalb eine Anpreisung zu Werbezwecken nicht als Zusicherung gilt (BGE 88 II 410 E. 3c).
Abgrenzung zur Garantie
Die Zusicherung ist nebst der Abgrenzung von der Anpreisung von der selbstständigen Garantie abzugrenzen. Während bei der Zusicherung der Verkäufer eine gegenwärtig bestehende Eigenschaft verspricht, so wird bei der Garantie ein verschuldensunabhängiger zukünftiger Erfolg versprochen, welcher über die vertragsgemässe Beschaffenheit der Kaufsache hinausgeht (BGE 4A_220/2013 E. 4.3.1). Der Verkäufer kann ebenfalls das Fortbestehen einer Eigenschaft garantieren, welche ausserhalb seines Einflussbereichs liegt.
Verminderter oder aufgehobener Wert
Der Verkäufer haftet dem Käufer, dass die Sache so beschaffen ist, dass ihr Wert oder Tauglichkeit zum vorausgesetzten Gebrauch weder aufgehoben noch erheblich gemindert ist. Diese Haftung für erhebliche Mängel gilt dann, wenn keine Zusicherung vorliegt. (Art. 197 Abs. 1 OR)
Die Erheblichkeit wird anhand eines Vergleichs zwischen der Ist-Beschaffenheit und der Soll-Beschaffenheit anhand der vereinbarten oder normalen Qualität des Kaufgegenstandes untersucht. Diese Erheblichkeit kann u.a. durch den conditio sine qua non-Test evaluieren. Hätte der Käufer den Kaufvertrag nicht oder nicht zu diesen Bedingungen geschlossen, falls ihm der Mangel bekannt gewesen wäre, so ist eine Erheblichkeit zu bejahen (Contrats de droit suisse, Tercier/Favre/Zen-Ruffinen, 2000, N 757). Der vorausgesetzte Gebrauch ist abhängig vom übereinstimmenden Parteiwillen und wo ein solcher fehlt, von der Verkehrsauffassung. Der geringere Wert ist nur dann ein Sachmangel, wenn er aus einer fehlenden Eigenschaft resultiert (BGE 91 II 353).
Wurde quantitativ zu wenig geliefert, so handelt es sich beim Gattungskauf um eine Teillieferung (Art. 69 OR), weshalb nach dem Schuldnerverzug vorzugehen ist. Beim Spezieskauf handelt es sich jedoch um eine zugesicherte Eigenschaft, weshalb die Sachgewährleistung Anwendung findet.
Wird ein Unternehmen durch den Kauf von Aktien erworben (sog. share deal), so stellen gemäss Bundesgericht die Aktien und nicht das Unternehmen den Kaufgegenstand dar, weshalb bei Mängeln hinsichtlich des Unternehmens nicht die Sachgewährleistung angerufen werden kann (BGE 107 II 419 E. 1), ausser es wurden Zusicherungen in den Vertrag aufgenommen. Dies überzeugt nicht, weshalb der neueren Lehre zu folgen ist, welche die Sachgewährleistung auch für Mängel am Unternehmen gelten lassen will, da primär das Unternehmen und nicht die Aktien gekauft werden (Gewährleistungen und Garantien in Unternehmenskaufverträgen, Böckli, in: Mergers & Acquisitions, Tschäni, 1998, 62).
Zeitpunkt
Der Sachmangel welcher von der Sachgewährleistung erfasst ist, muss zum Zeitpunkt des Gefahrenübergangs (i.d.R. Tätigung des Kaufs, Art. 185 OR) bereits im Keim vorhanden sein (BGE 4A_601/2009 E. 2.2.2). Dies betrifft auch versteckte Mängel (Art. 201 Abs. 2 OR). Später auftretende Mängel sind mittels Schadenersatz einzufordern, sofern der Verkäufer diese zu vertreten hat (Art. 97 OR).
Kenntnis vom Mangel
Hat der Käufer den Mangel gekannt oder hätte er ihn kennen müssen, so kommt die Sachgewährleistung nicht zur Anwendung. Die anzuwendende Aufmerksamkeit des Käufers richtet sich dabei sowohl nach den Umständen, als auch nach seinen Kenntnissen und zur Verfügung stehenden Untersuchungsmitteln (BGE 66 II 132).
Der Verkäufer haftet nur, wenn er die Eigenschaft zugesichert hat oder diesen arglistig verschwiegen hat. Dies gilt jedoch nur, wenn der Käufer den Mangel fahrlässig nicht gekannt hat. (Obligationenrecht Allgemeiner und Besonderer Teil, Huguenin, 2014, §28 N 2618).
Mängelrüge
Grundsatz
Untersuchungsobliegenheit
Der Käufer muss die Kaufsache untersuchen, sobald dies nach dem üblichen Geschäftsgang angemessen ist (Art. 201 OR). Die Untersuchung ist eine Obliegenheit, da es in seinem Interesse ist, den Kaufgegenstand zu untersuchen. Unterlässt er diese Untersuchung, so verwirkt er sein Recht auf Sachgewährleistung. Die Frist beginnt mit der Übergabe der Sache und hängt vom Kaufgegenstand, der Verwendung, dem Mangel und den Gepflogenheiten ab (BGE 131 III 145 E. 7.1). Diese Frist kann aber auch vertraglich vereinbart werden.
Rügeobligenheit
Wurde aufgrund der Untersuchung des Kaufgegenstandes ein Mangel festgestellt, so hat der Käufer diesen Mangel umgehend zu rügen (anzuzeigen). Die rechtswirksame Rüge beinhaltet sowohl die Bezeichnung des Mangels als auch die Anzeige an den Verkäufer, dass dadurch der Kauf nicht als gehörig erfüllt betrachtet wird (BGE 4C.395/2001 E. 2.1.1). Aus der Rüge muss der Verkäufer erkennen können, welche Art, Umfang und Grund die Beanstandung hat, damit dieser rasch entscheiden kann, welche Massnahmen er einleiten will. Glaubt er dem Käufer nicht, so hat er für den Beweis zu sorgen (BGE 4C.395/2001 E. 2.1.1).
Die Anzeige des Mangels muss innert kurzer Frist erfolgen, wobei das Bundesgericht eine Frist von sieben Tagen als gerade noch angemessen betrachtet hat (BGE 4C.82/2004 E. 2.3). Wie lange diese Anzeigefrist aussieht, muss je nach Vertrag angeschaut werden.
Als versteckte Mängel gelten diejenigen Mängel, die bei sachgemässer Untersuchung nicht erkennbar gewesen waren. Sie gelten daher zu dem Zeitpunkt als entdeckt, als dass der Käufer die Gewissheit über ihr Vorhandensein erlangt (Obligationenrecht Allgemeiner und Besonderer Teil, Huguenin, 2014, § 28 N 2629). Dies wird angenommen, wenn der Käufer in der Lage ist, die Bedeutung und Tragweite des versteckten Mangels zu erkennen (BGE 4C.205/2003 E. 3.2). Sobald der versteckte Mangel entdeckt wurde, muss dieser innert kurzer Zeit ebenfalls gerügt werden.
Genehmigung
Die gesetzliche Fiktion geht bei offenen Mängeln davon aus, dass der Mangel als genehmigt gilt, wenn er nicht rechtzeitig gerügt wird (BGE 4C.152/2003 E. 3.1). Bei versteckten Mängeln greift diese gesetzliche Fiktion, falls nicht nach der Entdeckung des Mangels sofort gerügt wird. Die gesetzliche Fiktion ist nicht widerlegbar. Sie gilt jedoch nicht, wenn der Käufer eine absichtliche Täuschung begangen hat (Art. 203 OR)
Grundsatz
Die allgemeine Verjährungsfrist für die Sachgewährleistung bei gekauften beweglichen Sachen beträgt 2 Jahre (Art. 210 Abs. 1 OR). Bei beweglichen Sachen, die in ein unbewegliches Werk integriert wurden, beträgt die Verjährungsfrist jedoch 5 Jahre (Art. 210 Abs. 2 OR). Bei Kulturgütern verjährt die Frist relativ ein Jahr nach Entdeckung und absolut 30 Jahre nach Vertragsschluss (Art. 210 Abs. 3 OR). Handelt der Verkäufer nicht berufsmässig (sog. Kauf zwischen Privaten), so können diese Fristen sowie Gewährleistungsrechte wegbedungen werden (Art. 210 Abs. 4 OR). Dies gilt ebenfalls für den Fall, dass der Käufer den Kaufgegenstand nicht für den persönlichen oder familiären Gebrauch nutzt (Art. 210 Abs. 4 OR).
Bei Integration in unbewegliches Werk
Grundsatz
Weist die bewegliche Sache einen Mangel auf und wurde dieses Sache in ein unbewegliches Werk integriert, so ist die Sachgewährleistung nach Art. 210 Abs. 2 OR zu prüfen. Diese hat eine 5-jährige Verjährungsfrist zur Folge.
Voraussetzungen
Als unbewegliches Werk wird eine mit dem Erdboden unmittelbar oder mittelbar verbundene Sache verstanden. Die Integration liegt dann vor, wenn die Kaufsache als Werkstoff verwendet wurde und daher in der unbeweglichen Sache verbleibt. Eingesetzte Arbeitsmittel wie Gerüste sind daher definitionsgemäss nicht davon erfasst.
Die Integration muss bestimmungsgemäss erfolgen, was sich nach dem Parteiwillen oder subsidiär nach dem üblichen und objektiven Verwendungszweck beurteil. Dies hat zur Folge, dass eine nicht bestimmungsgemässe Integration einer mangelhaften beweglichen Sache die Anwendung der zweijährigen Verjährungsfrist nach sich zieht. Die Integration der mangelhaften beweglichen Sache muss schlussendlich zudem noch kausal für die Mangelhaftigkeit des unbeweglichen Werkes sein.
Grundstücke
Bei Kaufverträgen über Grundstücke gilt eine fünfjährige Verjährungsfrist (Art. 219 Abs. 3 OR).
Verjährung / Verwirkung
Grundsatz
Die Fristen von Art. 210 OR sind sowohl Verjährungs- als auch Verwirkungsfristen. Die Möglichkeit, die Mängelrüge anzubringen verwirkt innert 2/5 Jahren nach Ablieferung der Kaufsache. Dies ist insb. bei versteckten Mängeln relevant, welche definitionsgemäss bei der Ablieferung der Kaufsache noch nicht bekannt sind. Basierend auf der Mängelrüge stehen dem Käufer Wahlrechte (Wandelung, Minderung und Nachbesserung) aufgrund der Sachgewährleistung offen, welche bei ihrer Ausübung einen Anspruch ergeben. Dieser Anspruch verjährt ebenfalls innert 2/5 Jahren nach Ablieferung der Kaufsache. Die verjährten Gewährleistungsansprüche bleiben zudem als Einrede erhalten (Art. 210 Abs. 5 OR).
Unterbruchshandlungen
Angenommen, ein versteckter Mangel wird rund 23 Monate nach Ablieferung der Kaufsache entdeckt, so muss der Käufer sofort die Mängelrüge erheben und innert einem Monat sein Anspruch aus Ausübung seines Wahlrechts geltend zu machen, da es ansonsten verjährt ist. Als Geltendmachung gelten bspw. die Klageerhebung (Art. 135 Ziff. 2 OR), die Einreichung einer Betreibung (Art. 135 Ziff. 2 OR), die Anerkennung der Forderung durch den Schuldner (Art. 135 Ziff. 2 OR) sowie die Einreichung eines Schlichtungsgesuchs (Art. 135 Ziff. 2 OR). Diese Unterbrechungshandlungen führen zu einem Neubeginn der 2/5-jährigen Verjährungsfrist. Desweiteren gelten die Hinderungsgründe gemäss Art. 134 OR.
Wegbedingung und Kürzung
Interessanterweise ist es zulässig, die einzelnen Gewährleistungsansprüche wegzubedingen, aber nur im beschränkten Umfang die Verjährungsfristen (Art. 210 Abs. 4 OR). Die Kürzung oder Wegbedingung der Verjährungsfristen ist bei Konsumverträgen verboten, ausser bei gebrauchten Sachen, deren Verjährung auf ein Jahr gesenkt werden darf (Art. 210 Abs. 4 OR).
Absichtliche Täuschung
Bei absichtlicher Täuschung kommt die allgemeine Verjährungsfrist von 10 Jahren zur Anwendung (Art. 127 OR). Die kürzere Verjährungsfrist kann der Verkäufer nicht geltend machen (Art. 210 Abs. 6 OR). Eine vertragliche Verkürzung ist ebenfalls ausgeschlossen (Art. 210 Abs. 4 OR).
Grundsatz
Die Pflicht zur Sachgewährleistung ist dispositives Recht, weshalb es mittels vertraglicher Freizeichnung wegbedungen werden kann (BGE 130 III 686 E. 4.3). Eine Wegbedingung von arglistig verschwiegenen Mängeln zeitigt jedoch keine Wirkung (Art. 199 OR). Eine solche Arglist wird bejaht, wenn den Verkäufer diesbezüglich eine Aufklärungspflicht trifft, welche sich aus Treu und Glauben ableiten lässt. Dies bedeutet, dass der Verkäufer den Käufer über die ihm bekannten Mängel informiert, die ansonsten versteckte Mängel darstellen würden (BGE 4A_70/2011 E. 4.1). Es gilt zudem die Vermutung gegen eine besondere Aufklärungspflicht, da angenommen wird, dass der Käufer, welcher einer Haftungswegbedingung zustimmt, den Kaufgegenstand im Vorfeld auf Mängel hin untersucht hat (BGE 4C.16/2005 E. 1.5).
Verhältnis zu Art. 100 OR
Das Verhältnis von Art. 199 OR zu Art. 100 OR ist umstritten. Der von Huguenin skizzierten Lehrmeinung (Obligationenrecht Allgemeiner und Besonderer Teil, Huguenin, 2014, § 28 N 2644) ist zu folgen, welche eine parallele Anwendung der beiden Normen vorsieht. Die Argumentation überzeugt dahingehend, dass Art. 199 OR die Wirkungen für das arglistige Verschweigen von Mängeln beim Vertragsschluss regelt und Art. 100 OR auf die Möglichkeit der Wegbedingung der Haftung eingeht, wenn die Schädigung verschuldet war, was an sich nichts mit dem Vertragsschluss zu tun hat.
Verhältnis zu Art. 41 OR und zur Irrtumsanfechtung
Die Freizeichnung gilt auch für allfällige Ansprüche aus unerlaubter Handlung (BGE 107 II 161 E. 8a).
Unterzeichnet der Käufer eine Haftungswegbedingung, so attestiert er damit, dass die Tauglichkeit des Kaufgegenstandes zum vorausgesetzten Gebrauch keine notwendige Grundlage des Kaufvertrages ist. Eine nachträgliche Berufung auf den Grundlagenirrtum im Zusammenhang mit diesen Eigenschaften ist nicht zulässig, da dies gegen Treu und Glauben verstossen würde (BGE 4A_492/2012 E. 5).
Grundsatz
Mit der Wandlung wird der Vertrag rückwärts abgewickelt, wobei der Käufer die erhaltene Leistung samt bezogenem Nutzen zurückzugeben hat und der Verkäufer den Kaufpreis samt Zins zu erstatten hat. Der Verkäufer haftet bei unmittelbaren Schäden und bei Verschulden auch für den mittelbaren Schaden.
Voraussetzungen
Grundsatz
Liegt ein Sachmangel vor, so kann der Käufer grundsätzlich immer die Wandlung geltend machen (Art. 205 Abs. 1 OR). Ist der Kaufgegenstand aufgrund des Mangels oder eines Zufalls untergegangen, so kann der Käufer trotzdem die Wandlung geltend machen (Art. 207 OR). Der Verkäufer trägt somit wiederum die Preisgefahr.
Ersatz des Minderwerts
Sind die Nachteile des Verkäufers, die ihm durch die Wandlung entstehen, nicht durch die Vorteile des Käufers zu rechtfertigen, so ist bloss Minderung zulässig (Art. 205 Abs. 2 OR).
Untergang durch Verschulden des Käufers
Hat das Verhalten des Käufers schuldhaft dazu geführt, dass die Sache untergegangen ist, oder wurde sie von ihm weiterveräussert oder umgestaltet, so ist eine Wandlung ausgeschlossen (Art. 207 Abs. 3 OR). Gemäss Rechtsprechung gilt diese Norm auch dann, wenn der Käufer die mangelhafte Kaufsache genutzt hat, obwohl er wusste, dass sie mangelhaft ist, ausser wenn damit der Untergang der Sache verhindert werden sollte (BGE 105 II 90 E. 1).
Mangelhafte Einzellieferungen
Die Wandlung bezieht sich bei einer Mehrheit von Kaufsachen nur auf diejenigen Stücke, die fehlerhaft sind (Art. 209 Abs. 1 OR). Die gesamte Kaufsache darf nur dann gewandelt werden, wenn sich die fehlerhaften Stücke nicht ohne erheblichen Nachteil von der fehlerlosen Sache trennen lassen (Art. 209 Abs. 2 OR). Dieses Prinzip gilt auch für Sukzessivlieferungsverträge.
Wirkungen
Rückabwicklung
Um die Rückabwicklung herrscht ein Lehrstreit. Während ein Teil der Lehre von der Vindikation ausgeht (Berner Kommentar, Giger, Art. 208 N 8 f.), verfolgt ein anderer Teil der Lehre die Umwandlungstheorie, wonach der Kaufvertrag in ein Liquidationsverhältnis überführt wird. Unabhängig vom Lehrstreit muss der Käufer die Sache sowie den bezogenen Nutzen herausgeben. Als Nutzen gilt ein Zins von 5% (BGE 106 II 221 E. 1c).
Untergang durch Zufall
Ist der Kaufgegenstand aufgrund des Mangels oder eines Zufalls untergegangen, so kann der Käufer trotzdem die Wandlung geltend machen (Art. 207 OR). Der Verkäufer trägt somit wiederum die Preisgefahr, nachdem die Wandlung ausgesprochen wurde (BGE 109 II 26 E. 3a).
Aufbewahrung und Notverkauf
Der Käufer ist zur einstweiligen Aufbewahrung verpflichtet, falls er die Wandlung geltend macht (Art. 204 Abs. 1 OR). Bei verderblichen Waren ist ein Notverkauf angezeigt (Art. 204 Abs. 3 OR).
Rücktransport
Der Verkäufer muss die Ware beim Käufer auf eigene Kosten abholen (BGE 109 II 26 E. 4a).
Schadenersatz
Der Verkäufer haftet für den unmittelbaren Schaden kausal (Art. 208 Abs. 2 OR) und für den mittelbaren Schaden bei Verschulden (Art. 208 Abs. 3 OR). Ob ein mittelbarer oder ein unmittelbarer Schaden vorliegt, beurteilt sich nach der Länge der Kausalkette (BGE 133 III 257 E. 2.5.4). Ist der eingetretene Schaden eine direkte Folge, so liegt ein unmittelbarer Schaden vor. Ist der Schaden erst durch das Hinzutreten von weiteren Ursachen bewirkt worden, so liegt ein mittelbarer Schaden vor. Steht diese hinzutretende Teilursache in zwingender Verbindung mit dem Kaufvertrag, so liegt ein unmittelbarer Schaden vor (BGE 133 III 257 E. 3.2). Es kann daher nicht abschliessend beantwortet werden, wie entgangener Gewinn zu qualifizieren ist.
Grundsatz
Bei der Sachgewährleistung kann der Käufer die Herabsetzung des Kaufpreises verlangen. Dabei wird der Kaufpreis um den prozentualen Anteil reduziert, welcher dem Minderwert der Sache entspricht.
Voraussetzungen
Grundsatz
Bei Vorliegen der Voraussetzungen der Sachgewährleistung kann der Käufer frei zwischen der Wandlung und der Minderung wählen (Art. 205 Abs. 1 OR).
Untergang der Sache
Das Recht auf Minderung bei der Sachgewährleistung steht dem Käufer auch zu, wenn die Sache aufgrund des Mangels oder aufgrund eines Zufalls untergegangen ist (Art. 207 Abs. 1 und 2 OR). Diesbezüglich trägt der Verkäufer die Preisgefahr. Ist die Sache durch das Verschulden des Käufers untergegangen, von diesem weiter veräussert oder umgestaltet worden, so steht dem Käufer nur die Minderung zu (Art. 207 Abs. 3 OR). Somit trägt der Käufer die Preisgefahr.
Ungerechtfertigte Wandlung
Wäre die Wandlung mit zu grossen Nachteilen für den Verkäufer verbunden, so kann das Gericht die Sachgewährleistung mittels Minderung umsetzen (Art. 205 Abs. 2 OR).
Minderwert entspricht Kaufpreis
Erreicht der Minderwert den Betrag des Kaufpreises, so kann der Käufer die Wandlung nicht verlangen, sondern ist auf die Minderung verwiesen (Art. 205 Abs. 3 OR).
Berechnung
Die Minderung hat die Wiederherstellung des wertmässigen Austauschverhältnis zum Ziel, weshalb die Preisreduktion nach der relativen Methode berechnet wird (BGE 4A_601/2009 E. 3.2.6). Die relative Methode funktioniert folgendermassen:
objektiver Wert der mangelfreien Sache : ursprünglich vereinbarter Kaufpreis
=
objektiver Wert der mangelhaften Sache : geminderter Kaufpreis
Es gilt zu beachten, dass der ursprünglich vereinbarte Kaufpreis nicht mit dem objektiven Wert der mangelfreien Sache übereinstimmen muss.
Schadenersatz
Der Schadenersatzanspruch nach Art. 208 OR gilt nur für die Wandlung, weshalb Schadenersatzansprüche nach Art. 97 OR zu beurteilen sind (BSK OR, Honsell, 2011, Art. 208 N 7). Dies gilt sowohl für den unmittelbaren als auch den mittelbaren Schaden.
Nachbesserung
Grundsatz
Im Kaufrecht gibt es keinen gesetzlichen Anspruch auf Nachbesserung. Diese Nachbesserung kann jedoch vertraglich vereinbart werden oder mittels Analogieschluss aus dem Werkvertragsrecht abgeleitet werden (Art. 368 Abs. 2 OR), sofern dem Verkäufer dadurch nicht übermässige Kosten verursacht werden.
Durchsetzung
Die Durchsetzung eines vertraglichen Nachbesserungsanspruchs sind die Bestimmungen zum Schuldnerverzug heranzuziehen. Ersetzt der Nachbesserungsanspruch die regulären Ansprüche aus der Sachgewährleistung (Wandlung und Minderung), so kommen die Wahlrechte des Schuldnerverzugs zur Anwendung (BGE 91 II 344 E. 3b). Fehlt eine solche Vereinbarung, so stehen dem erfolglosen Käufer wiederum die regulären Ansprüche aus der Sachgewährleistung (Wandlung und Minderung) zu.
Ersatzlieferung
Recht des Käufers
Beim Gattungskauf steht dem Käufer nebst dem Anspruch auf Wandlung und Minderung auch ein Anspruch auf Ersatzlieferung zu (Art. 206 OR). Entgegen dem Gesetzeswortlaut kommt es dabei nicht darauf an, ob es sich um eine vertretbare Sache handelt oder nicht (BGE 94 II 26 E. 4a).
Recht des Verkäufers
Bei der Ersatzlieferung steht dieses Recht auf dem Verkäufer zu. Gemäss Wortlaut des Gesetzes zwar nur beim Platzkauf (Art. 206 Abs. 2 OR), jedoch spricht sich die Lehre auch für die Anwendung beim Distanzkauf aus, wenn der Verkäufer sofort liefern kann (Obligationenrecht Besonderer Teil, Bucher, 1988, 117).
Pflicht des Käufers
Bei der Ersatzlieferung trifft den Käufer eine Aufbewahrungspflicht und allenfalls die Pflicht zum Notverkauf (BSK OR I, Honsell, 2011, Art. 204 N 5 ff.).
Verjährung
Die Ersatzlieferung stellt eine Anerkennungshandlung des Verkäufers dar (Art. 135 OR) und führt dazu, dass die Verjährungsfrist von Neuem zu laufen beginnt (Art. 210 Abs. 1 OR).
Schlechterfüllung
Die Ansprüche aus Schlechterfüllung (Art. 97 OR) stehen in alternativer Konkurrenz zu den Ansprüchen aus der Sachgewährleistung. Die Sachgewährleistung hat die strengeren Voraussetzungen, hat aber den Vorteil der Kausalhaftung. (Berner Kommentar, Giger, Vorb. zu Art. 197-210 N 26 ff.)
Unerlaubte Handlung
Hat der Verkäufer einen Kaufgegenstand geliefert, der mit Mängeln behaftet ist und verursacht er dadurch schuldhaft oder absichtlich widerrechtlich einen Schaden, so stehen dem Käufer beide Ansprüche in alternativer Konkurrenz zur Verfügung (Obligationenrecht Allgemeiner und Besonderer Teil, Huguenin, 2014, § 28 N 2700), falls absolute Rechte oder das Vermögen durch Verletzung besonderer Schutznormen geschädigt ist (Schweizerisches Obligationenrecht Allgemeiner Teil, Schwenzer, 2012, N 50.05).
Irrtum
Ob der Käufer nach Irrtum oder nach Sachgewährleistung vorgeht, kann er nur vor Ausübung einer der beiden Rechte entscheiden (BGE 108 II 102 E. 2a). Die Geltendmachung der Sachgewährleistung hat nämlich die konkludente Genehmigung des Vertrags zur Folge (BGE 127 III 83 E. 1b).
Michael hat bei einem Detailhändler einen neuen Computer gekauft und diesen zu Hause sofort geprüft. Beim Installieren des Betriebssystems hat er ein seltsames Geräusch gehört und kurz darauf hat der Computer Feuer gefangen. Michael fragt sich nun, ob er Anspruch auf die Sachgewährleistung hat. Der Computer ist zum vorausgesetzten Gebrauch nicht tauglich, da er Feuer gefangen hat. Der Defekt ist nicht auf ein Handeln von Michael zurückzuführen, weshalb der Sachmangel bereits vor dem Gefahrenübergang bestanden hat. Michael wusste zudem nichts vom Sachmangel, sonst hätte er den Computer nicht gekauft. Er ist zudem seiner Prüfpflicht unverzüglich nachgekommen und hat den Mangel sofort gerügt mit dem Hinweis, die Ware so nicht zu akzeptieren. Michael hat sich entschieden, den Kaufvertrag zu wandeln und den Computer gegen Entschädigung des vollen Kaufpreises zurückzugeben. Das der Kaufgegenstand zerstört wurde, hindert die Wandlung nicht, da dies nicht auf ein Verschulden von Michael zurückzuführen war. Michael muss nun aufpassen, dass er die Ansprüche aus der Wandlung innert 2 Jahren seit dem Kauf des Computers durchsetzt, da sie sonst verjähren.
Bei der Sachgewährleistung müssen der Kaufsache zugesicherte Eigenschaften fehlen, oder der Wert der Kaufsache oder deren Tauglichkeit zum vorausgesetzten Gebrauch aufgehoben oder erheblich vermindert sein. Der geltend gemachte Sachmangel muss bereits vor dem Gefahrenübergang bestanden haben und der Käufer durfte nichts vom Sachmangel zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses wissen. Wurden die Fristen eingehalten, d.h. hat der Käufer die Sache unverzüglich geprüft sowie gerügt und liegen keine vertragliche Beschränkung vor, so kann der Käufer seine Wahlrechte geltend machen. Diese sind Wandlung, Minderung oder Ersatzlieferung (beim Gattungskauf). Mit der Wandlung wird der Vertrag rückwärts abgewickelt, wobei der Käufer die erhaltene Leistung samt bezogenem Nutzen zurückzugeben hat und der Verkäufer den Kaufpreis samt Zins zu erstatten hat. Der Verkäufer haftet bei unmittelbaren Schäden und bei Verschulden auch für den mittelbaren Schaden. Mit der Minderung kann der Käufer die Herabsetzung des Kaufpreises verlangen. Dabei wird der Kaufpreis um den prozentualen Anteil reduziert, welcher dem Minderwert der Sache entspricht. Im Kaufrecht gibt es keinen gesetzlichen Anspruch auf Nachbesserung. Diese Nachbesserung kann jedoch vertraglich vereinbart werden oder mittels Analogieschluss aus dem Werkvertragsrecht abgeleitet werden, sofern dem Verkäufer dadurch nicht übermässige Kosten verursacht werden.Die Sachgewährleistung ist zudem von der Schlechterfüllung, unerlaubten Handlung und Irrtum abzugrenzen.
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