Kaffee am Arbeitsplatz
Grundsätzlich ist ein Arbeitnehmer für Schäden am Arbeitsplatz verantwortlich, den er seinem Arbeitgeber absichtlich oder fahrlässig zufügt. Es gibt jedoch Umstände, unter denen der Angestellte entweder von der Haftung zu befreien ist oder zumindest bloss in reduziertem Masse haftbar ist. (Art. 321 lit. e OR)
Die vier Voraussetzungen bei Schäden am Arbeitsplatz
Damit es zu einer Haftbarkeit für Schäden am Arbeitsplatz kommen kann, müssen folgende vier Voraussetzungen gegeben sein:
- Eintritt des Schadens
- Vertragsverletzung durch den Angestellten wegen Missachtung der Arbeits-, Sorgfalts- oder Treuepflicht
- Adäquater Kausalzusammenhang zwischen Ursache und Schaden
- Verschulden des Angestellten durch Fahrlässigkeit oder Vorsatz (Art. 41 OR i.V.m. Art. 97 OR i.V.m. Art. 321a OR)
Vermutung
Wenn der Arbeitgeber die ersten drei Punkte – Schaden, Vertragsverletzung und Kausalzusammenhang – nachweisen kann, so wird die letzte Voraussetzung des Verschuldens des Angestellten vermutet (Art. 97 OR). Damit der Arbeitnehmer nicht haftet, muss er in dem Falle also beweisen, dass ihn kein Verschulden trifft.
Was umfasst die Sorgfaltspflicht?
Den Arbeitnehmer trifft ein bestimmtes Mass an Sorgfalt, für das er in seiner Tätigkeit einstehen muss. Das heisst, dass der Arbeitnehmer die vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Einrichtungen, Geräte und sonstigen Materialien vorsichtig behandeln muss, damit keine Schäden am Arbeitsplatz entstehen. (Art. 321a OR)
Beispiel
Ein Handwerker muss aufgrund seiner Sorgfaltspflicht sorgsam und angemessen mit Maschinen und Werkzeugen seines Arbeitgebers umgehen.
Leichte Fahrlässigkeit
Von einer leichten Fahrlässigkeit wird ausgegangen, wenn der Arbeitnehmer in der betreffenden Situation etwas nicht beachtet, das er eigentlich hätte beachten müssen. In diesem Falle wird die Haftung des Angestellten beträchtlich verringert. (Art. 43 Abs. 1 OR)
Mittlere Fahrlässigkeit
Bei mittlerer Fahrlässigkeit kommt dem Arbeitnehmer in der Regel noch eine Haftungsreduktion zugute. Diese wird jedoch geringer sein als bei leichter Fahrlässigkeit. (Art. 43 Abs. 1 OR)
Grobe Fahrlässigkeit
Grobe Fahrlässigkeit bedeutet, dass der Arbeitnehmer wichtigste Vorsichtspflichten missachtet hat, die jeder vernünftige Angestellte beachten würde. Dies kann beispielsweise ein achtloser Umgang eines Handwerkers mit Werkzeug und Maschinen in einer Werkstatt sein. In diesem Fall kommt dem Angestellten, wie bei absichtlicher Verursachung des Schadens, keine Haftungsreduktion zugute. Er kann für den vollen Schaden haftbar gemacht werden.
Wie wird festgestellt, welcher Verschuldensgrad vorliegt?
Zur Beurteilung, welcher Grad der Fahrlässigkeit in konkreten Fall zutrifft, sind verschiedene Punkte zu beachten:
- Nötiger Bildungsgrad für die Arbeit
- Erforderliche Fachkenntnisse
- Persönliche Fähigkeiten und Eigenschaften des Arbeitnehmers
Weitere Gründe, die auch zu einer Haftungsmilderung führen können, sind:
- Das Berufsrisiko
- Mitverschulden des Arbeitgebers
- Ein im Verhältnis zur übertragenen Verantwortung geringer Lohn
Auswahl der Mitarbeiter
Es liegt mitunter in der Verantwortung des Arbeitgebers, sich bei der Auswahl seines Personals genügend über dessen Fähigkeiten und Eigenschaften zu informieren. Für komplexere Aufgaben muss auch fähigeres Personal gewählt werden. Dies klingt zwar logisch, ist aber dennoch nicht zu unterschätzen.
Schaden
Wenn Schäden am Arbeitsplatz eintreten, spielt es nämlich eine Rolle, über welche Fähigkeiten der betreffende Angestellte verfügt. Setzt der Arbeitgeber unterqualifiziertes Personal ein, so wird ihn dies bei Eintritt von Schäden am Arbeitsplatz eher teuer zu stehen kommen. Dies ist jedoch nur dann der Fall, wenn der Arbeitgeber über die Fähigkeiten oder eben Unfähigkeiten Bescheid gewusst hat oder davon hätte wissen müssen.
Je nach dem sollte ein Mitverschulden des Arbeitgebers geprüft werden. Wenn nämlich ein Arbeitgeber unqualifiziertes Personal für bestimmte komplexe Tätigkeiten einsetzt, so kann er eine Haftung nicht auf den Angestellten abschieben. (Art. 44 Abs. 1 OR)
Wann gehört ein Schaden zum Berufsrisiko?
Es gibt Schäden am Arbeitsplatz, die naturgemäss bei einer bestimmten Art von Arbeit vorkommen können. Diese Art der Schäden am Arbeitsplatz gehört zu den Berufsrisiken. Wenn jemand beispielsweise Auto-Kurier ist, so gilt ein Schaden am Betriebsauto wohl zu den üblichen Berufsrisiken. Genauso ist es im Fall eines Kellners, dem eine Hand voller Teller auf dem Boden zerbricht. Entscheidend ist also, dass ein konkreter Schaden in der Natur der Arbeit liegt.
Haftung
Wenn Schäden am Arbeitsplatz zum üblichen Berufsrisiko gehören, dann muss der Angestellte grundsätzlich nichts bezahlen.
Berufliches Autofahren
Eine Konstellation, der man relativ häufig begegnet, ist der Fall des Schadens an einem Geschäftsfahrzeug. Viele Arbeitnehmer müssen zur Verrichtung ihrer Arbeit ein Geschäftsauto fahren. Dieses berufliche Autofahren wird als schadensgeneigte Arbeit gesehen.
Bestimmung der Schadenshöhe
Liegt ein Schaden an einem Geschäftsfahrzeug vor, so muss zunächst die Höhe des entstandenen Schadens bestimmt werden. Deckt die Versicherung des Arbeitgebers den Schaden, dann ist der Angestellte bloss noch insoweit geschädigt, als er:
- Selbstbehalt zahlen muss,
- durch Bonusverlust anfallende höhere Versicherungskosten übernehmen muss,
- für eventuelle Regressansprüche der Versicherung aufkommen muss, und/oder
- für ein Ersatzfahrzeug während der Reparatur bezahlen muss.
Berufsrisiko
Besonders bedeutsam ist beim Schaden am Geschäftsfahrzeug der Aspekt des Berufsrisikos. Denn das berufliche Autofahren gilt als risikobehaftete Tätigkeit. Wenn sich dieses erhöhte Risiko verwirklicht, dann haftet der Angestellte bei leichter Fahrlässigkeit nicht. Liegt mittlere Fahrlässigkeit vor, so reduziert sich die Haftbarkeit zumindest deutlich.
Miranda Maus hat sich nun ein wenig schlau gemacht. Als Pizzakurierin muss sie natürlich die übliche Sorgfaltspflicht, die ein Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber gegenüber hat, beachten. Das heisst, sie muss vorsichtig und den Verhältnissen entsprechend fahren, sich an alle Verkehrsregeln halten und zum Beispiel – das mag zwar selbstverständlich klingen – nüchtern am Steuer sitzen.
Da sie als Auto-Kurierin immer auf der Strasse unterwegs ist, kann das Autofahren in Mirandas Fall als Berufsrisiko betrachtet werden. Wenn sie die Sorgfaltspflicht einhält und dennoch einen Schaden am Geschäftsauto verursacht, so muss sie nur insoweit haften, als ein Selbstbehalt zu bezahlen ist, eventuelle Regressansprüche der Versicherung anfallen, ein Ersatzfahrzeug angemietet werden muss oder erhöhte Versicherungsprämien entstehen. Liegt lediglich leichte Fahrlässigkeit vor, so muss Miranda gar nichts bezahlen.
Grundsätzlich kann der Arbeitnehmer für Schäden am Arbeitsplatz, die er dem Arbeitgeber verursacht, haftbar gemacht werden. Dies hängt jedoch u.a. vom Verschulden des Arbeitnehmers, dessen Fähigkeiten, einem allfälligen Mitverschulden des Arbeitgebers und dem Berufsrisiko ab. Ob ein Schaden ersatzpflichtig ist und in welchem Umfang bestimmt aus dem Zusammenspiel von verschiedenen Faktoren.
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