Pure Eifersucht 

Der Totschlag gemäss Art. 113 StGB setzt aus strafrechtlicher Sicht immer eine vorsätzliche Tötung gemäss Art. 111 StGB voraus. Die objektiven und subjektiven Tatbestände der vorsätzlichen Tötung (Art. 111 StGB) müssen dabei erfüllt sein, wobei zusätzlich die Steuerungs- und Kontrollfähigkeit des Täters zu normgemässen Verhalten aus nachvollziehbaren Gründen vermindert ist.

Dieser Artikel zeigt auf, wann es sich bei einer Tötung eines Menschen um einen Totschlag handelt, d.h. was sowohl der objektive Tatbestand (Taterfolg, Tathandlung und Kausalität), als auch der subjektive Tatbestand (Wissen und Willen) sind und welche Strafe die Folge ist. Der Totschlag ist zudem von anderen Delikten gegen das Leben abzugrenzen. Desweitern stellt sich die Frage der Konkurrenzen, d.h. welcher Tatbestand vorgeht, falls nebst dem Totschlag noch weitere Tatbestände (bspw. Körperverletzungsdelikte) erfüllt sind. 

Grundsatz

Die tatbestandsmässige Handlung beim Totschlag besteht im Bewirken des Todes eines anderen Menschen. Der Täter setzt somit die Todesursache für eine Drittperson und tötet diese dadurch. Das Bewirken des Todes eines anderen Menschen kann auch durch ein Unterlassen bewirkt werden (sog. unechtes Unterlassungsdelikt).

Der Totschlag ist ein privilegiertes Tötungsdelikt und verlangt zudem eine Verminderung der Steuerungs- und Kontrollfähigkeit des Täters zu normgemässen Verhalten aus nachvollziehbaren Gründen. Dies ist dann der Fall, wenn der Täter unter grosser seelischer Belastung oder in einer nach den Umständen entschuldbaren heftigen Gemütsbewegung handelt. 

Heftige Gemütsbewegung

Unter einer heftigen Gemütsbewegung werden alle Emotionszustände (bspw. Furcht oder Wut) verstanden, die jedoch heftig sein müssen, d.h. in einem Affekt resultieren. Dieser Affekt hat zur Folge, dass der Täter das Unrecht zwar erkennt, sich aber nicht entsprechend verhalten kann. Indizien für einen solchen Affekt sind bspw. ein Zusammenhang zwischen einer Provokation und einer Tat, ein plötzliches Tatgeschehen oder eine fehlende Planung. Diese heftige Gemütsbewegung muss mehr oder weniger unmittelbar vor der strafbaren Tat aufgetreten sein.

Grosse seelische Belastung

Unter einer grossen seelischen Belastung wird eine äussere Zwangslage verstanden, welche beim Täter einen psychischen Ausnahmezustand verursacht. Im Gegensatz zur Tatbestandsvariante der heftigen Gemütsbewegung muss zum Zeitpunkt der Tat keine heftige Gemütsbewegung vorliegen, sondern die Tat kann bspw. auf einem Tatentschluss beruhen, welcher bereits vor längerer Zeit gefasst wurde.

Entschuldbarkeit

Das Kriterium der Entschuldbarkeit bezieht sich auf die heftige Gemütsbewegung oder die grosse seelische Belastung und nicht die Tat an sich. Die Entschuldbarkeit wird daher angenommen, wenn den Täter kein überwiegendes Verschulden an der heftigen Gemütsbewegung oder der grossen seelischen Belastung hatte sowie ein Durchschnittsmensch in der gleichen Situation ebenfalls in einen solchen Affekt oder Belastung geraten wäre.

Wer jedoch aufgrund von abnormen Charaktereigenschaften (bspw. krankhafte Eifersucht) oder Persönlichkeitsstörungen in einen Affekt gerät, so ist dieser Affekt nicht entschuldbar, sondern führt zu einer verminderten Schuldfähigkeit (Art. 19 Abs. 2 StGB) bzgl. einer vorsätzlichen Tötung (Art. 111 StGB) oder zu einer Änderung der Strafzumessung (Art. 47 f. StGB). 

Grundsatz

Damit die Tötung eines anderen Menschen als Totschlag gemäss Art. 113 StGB gilt, muss der Täter in subjektiver Hinsicht mindestens mit Eventualvorsatz handeln. Dies bedeutet, dass er es zumindest in Kauf nehmen muss, den Tod einer anderen Person zu verursachen. Dieser Eventualvorsatz ist dann gegeben, wenn sich dem Täter die Möglichkeit des Erfolgseintrittes als so wahrscheinlich aufdrängt, dass die Bereitschaft, ihn als Folge hinzunehmen, vernünftigerweise nur als Inkaufnahme des Erfolges ausgelegt werden kann (BGE 130 IV 58 E. 8.4). Ein Eventualvorsatz wird daher regelmässig bei sehr grossem Risiko oder einer schweren Sorgfaltspflichtsverletzung bejaht.

Die heftige Gemütsbewegung wird hingegen nicht vom Vorsatz erfasst.

Doppelverwertungsverbot

Alle Umstände, welche dazu führen, dass ein entschuldbarer heftiger Gemütszustand oder eine grosse seelische Belastung angenommen wird, dürfen nicht mehr zur Annahme als verminderte Schuldfähigkeit (Art. 19 Abs. 2 StGB), bei der Strafzumessung (Art. 47 StGB) oder als Grund für eine Strafmilderung (Art. 48 lit. c StGB) verwendet werden, wenn dies bereits zu einer Qualifikation der vorsätzlichen Tötung als Totschlag geführt hat. 

Der Totschlag wird mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft (Art. 113 StGB). Dies ist eine Privilegierung zur Strafe bei der vorsätzlichen Tötung, welche mit einer Freiheitsstrafe von mindestens 5 Jahren bestraft wird (Art. 111 StGB).

Grundsatz

Der Totschlag (Art. 113 StGB) ist eine vorsätzliche Tötung (Art. 111 StGB), wobei die Steuerungs- und Kontrollfähigkeit des Täters aus nachvollziehbaren Gründen, wie einer entschuldbaren heftigen Gemütsbewegung oder einer grossen seelischen Belastung, vermindert ist.

Weitere Delikte gegen das Leben

Die vorsätzliche Tötung (Art. 111 StGB) ist vom Mord (Art. 112 StGB) dahingehend abzugrenzen, dass beim Mord die Tötung in besonderer Skrupellosigkeit erfolgt. Die Tötung auf Verlangen (Art. 114 StGB) hingegen ist eine vorsätzliche Tötung (Art. 111 StGB), welche auf ein ernsthaftes und eindringliches Verlangen des Getöteten erfolgt. Die fahrlässige Tötung (Art. 117 StGB)ist von der vorsätzlichen Tötung (Art. 111 StGB) durch den fehlenden Vorsatz des Täters abzugrenzen.

Die Verleitung und Beihilfe zum Selbstmord (Art. 115 StGB) bestraft die eigentlich straflose Anstiftung und Gehilfenschaft zum Selbstmord, wenn sie aus selbstsüchtigen Beweggründen geschieht. Zuletzt gilt die vorsätzliche Tötung (Art. 111 StGB) eines Neugeborenen durch die Mutter, die noch unter dem Einfluss des Geburtsvorgangs steht, als strafbare Kindstötung (Art. 116 StGB), welche unter einer verminderten Strafandrohung steht, da die Schuldfähigkeit der Mutter zu diesem Zeitpunkt eingeschränkt ist. Der Schwangerschaftsabbruch (Art. 118 – 120 StGB) ist grundsätzlich ebenfalls strafbar, ausser die Schwangere willigt ein und es dient der Abwendung von schweren Gefahren, oder es wurde ein intensives persönliches Gespräch mit der Schwangeren geführt.

Notwehr

Erfolgt der Totschlag als Reaktion auf einen Angriff und wurde dabei die Notwehr in entschuldbarer Aufregung oder Bestürzung über den Angriff überschritten (Art. 16 Abs. 2 StGB), so handelt es sich um einen Notwehrexzess, welcher zu einer Straflosigkeit des Totschlags führt.

Die Tötung auf Verlangen (Art. 114 StGB) und die Kindstötung (Art. 116 StGB) gehen dem Totschlag (Art. 113 StGB) als Spezialtatbestände vor.

Sandra ist seit mehreren Jahren die heimliche Geliebte von Paul, welcher nach aussen hin aber eine Freundin namens Carla hat. Als Paul sich mit Carla verheiratet und in die Flitterwochen fährt, rastet Sandra aus und beschliesst, Paul und seine Freundin im Hotel zu erschiessen und sich anschliessend das Leben zu nehmen. Sandra organisiert daher eine Pistole und konfrontiert Paul und Carla im Hotel. Sie erschiesst die beiden frisch Vermählten in der Hotellobby und wird erst danach vom Personal überwunden. Es stellt sich die Frage, ob sich Sandra des Totschlags schuldig gemacht hat. In einem ähnlich gelagerten Fall wurde dies verneint, da sie zwar aus massloser Eifersucht, also einer heftigen Gemütsbewegung heraus gehandelt hat, doch die Tat nicht die Folge einer plötzlichen Erregung, sondern kaltblütig geplant war. 

Ein Totschlag (Art. 113 StGB) liegt vor, wenn der Täter den Tod eines anderen Menschen bewirkt, d.h. dessen Todesursache setzt, sofern er dabei mindestens eventualvorsätzlich handelt und dabei unter grosser seelischer Belastung oder in einer nach den Umständen entschuldbaren heftigen Gemütsbewegung handelt. Ein Totschlag wird mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

Gefällt Ihnen dieser Artikel?

- Keine Legal-News mehr verpassen

- Nützliche Alltags-Tipps rund ums Recht

- Hintergründe für Private, Unternehmen und Juristen

lexwiki.ch und unsere Autoren können keine Garantie für die Richtigkeit und Vollständigkeit der auf unseren Seiten angezeigten Informationen übernehmen. Die Artikel stellen die zum Zeitpunkt ihrer Erstellung geltende Rechtslage dar. Leider können wir nicht garantieren, dass jeder Artikel aktuell ist. Die Artikel auf unserer Plattform ersetzen keine Beratung durch einen Rechtsanwalt. lexwiki.ch bietet einen ersten Überblick für Personen mit einer juristischen Frage und dient als Informationsplattform für den an Rechtsfragen interessierten Mitbürger. Um bei juristischen Fragen die richtigen Schlüsse ziehen zu können, ist neben umfangreichem Knowhow im entsprechenden juristischen Bereich die Kenntnis des konkreten Sachverhaltes unabdingbar. Wir möchten Sie daher bitten, basierend auf den auf unserer Plattform zur Verfügung gestellten Inhalten keine voreiligen Schlüsse zu ziehen und möglichst frühzeitig professionelle Rechtsberatung beizuziehen. Das spart i.d.R. Kosten und verhindert, dass irreversibler Schaden angerichtet wird.

Die Plattform lexwiki.ch bietet insbesondere in der Form von News-Artikeln Autoren die Möglichkeit, ihre Meinungen und Analysen zu spezifischen Fällen und Themen zu veröffentlichen. Die Plattform lexwiki.ch ist unabhängig und ist keinem politischen Spektrum zuzuordnen. Die hier vertretenen und als solche gekennzeichneten Meinungen von Autoren sind ausschliesslich als eben solche zu verstehen. Wir bieten falls gewünscht gerne Hand zu Gegendarstellungen. Bitte kontaktieren Sie uns über die auf allen Seiten zur Verfügung stehende Kommentarfunktion. Die Kommentare werden nicht direkt veröffentlicht.

[wdfb_like_button]

Unser Autor

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.