Diebstahl eines Mobiltelefons
Ungerechtfertigte Bereicherung
Grundsatz
Der Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung hat drei Voraussetzungen (Art. 62 Abs. 1 OR):
- Bereicherung des Bereicherungsschuldners;
- Bereicherung stammt aus dem Vermögen des Bereicherungsgläubigers;
- Bereicherung erfolgte in ungerechtfertiger Weise.
Bereicherung
Die Bereicherung ist entweder eine Vergrösserung des Vermögens (lucrum emergens) oder eine Nichtverminderung des Vermögens (damnum cessans). Die Vergrösserung des Vermögens kann in einer Zunahme der Aktiven oder einer Abnahme der Passiven bestehen. Die Nichtverminderung des Vermögens ist die sog. Ersparnisbereicherung (d.h. Ersparnis von geplanten Ausgaben). Die Bereicherung wird mittels der Differenzhypothese berechnet, d.h. es wird die Differenz zwischen dem tatsächlichen und dem hypothetischen Vermögensstand, der ohne die Bereicherung vorliegen würde, herangezogen (BGE 133 V 205 E. 4.7).
Eine neuere Lehre geht hingegen von der gegenständlichen Betrachtung aus (BGE 129 III 646 E. 4.2). Hiernach wird nicht geschaut, welche Auswirkung die Bereicherung auf das Vermögen des Bereicherten hat, sondern der Einfluss auf den konkreten Gegenstand der Bereicherung. Angenommen, ein Umbau führt zu Kosten von 2’000.-, aber nur zu einer Wertsteigerung von 1’000.-, so kann nach der gegenständlichen Betrachtung 2’000.- gefordert werden und nach der vermögensrechtlichen Betrachtung lediglich 1’000.-.
Entreicherung
Nach der klassischen Bereicherungskondiktion muss ein Zusammenhang zwischen Bereicherung und Entreicherung vorliegen. Nach der neueren Auffassung kann sowohl bei der Leistungskondiktion als auch bei der Eingriffskondiktion auf das Vorliegen einer Entreicherung verzichtet werden. Dies wird damit begründet, dass die Bereicherung bei der Leistungskondiktion immer aus fremden Vermögen stammt und bei der Eingriffskondiktion sollte auch dann eine Bereicherung vorliegen, wenn keine Entreicherung auf der Gegenseite vorliegt (bspw. Nutzung von fremder Wohnung).
Keine Rechtfertigung
Falls sich ein gültiger Grund für die Bereicherung aus Vertrag oder Gesetz ergibt, so liegt keine ungerechtfertigte Bereicherung vor.
Zahlung einer Nichtschuld
Der Anspruch der ungerechtfertigten Bereicherung aus Bezahlung einer Nichtschuld setzt zudem das Vorliegen eines Irrtums über die Schuldpflicht voraus (Art. 63 OR). Dieser Irrtum muss kein wesentlicher Irrtum sein, sondern kann deshalb auch ein unwesentlicher Motivirrtum sein.
Verschulden
Die Haftung für ungerechtfertigte Bereicherung setzt kein Verschulden des Bereicherten voraus. Das Verschulden hat jedoch einen Einfluss auf den Umfang der Pflicht zur Rückerstattung (Art. 64 OR).
Grundsatz
Bei der Leistungskondiktion ist die ungerechtfertigte Bereicherung auf eine ungerechtfertigte Leistung des Entreicherten an den Bereicherten zurückzuführen. Es handelt sich somit um eine rechtsgrundlose Entreicherung durch den Entreicherten.
Es werden folgende Leistungskondiktionen unterschieden:
- Leistung ohne gültigen Grund
- Leistung aus nicht verwirklichtem Grund
- Leistung aus nachträglich weggefallenem Grund
Leistung ohne gültigen Grund
Anwendung
Die Erfüllung einer Nichtschuld liegt vor, wenn entweder kein Vertrag oder kein Vertrag mehr vorliegt zum Zeitpunkt der Leistung (BGE 133 III 356 E. 3.2.1). Dies ist bspw. dann der Fall, wenn der Vertrag nachträglich aufgrund von Willensmängeln ex tunc dahinfällt. Fällt der Vertrag jedoch ex nunc dahin, so findet die ungerechtfertigte Bereicherung aus nachträglich weggefallenem Grund statt (alternativ: Umwandlungstheorie, siehe nachfolgend).
Umwandlungstheorie
Ein Teil der Lehre geht davon aus, dass Entstehungsmängel (d.h. Inhalts-, Form- oder Willensmangel) zu einem ungültigen Vertrag führen, der in ein vertragliches Rückabwicklungs- oder Liquidationsverhältnis umgewandelt wird (Obligationenrecht Allgemeiner und Besonderer Teil, Huguenin, 2014, § 23 N 1788). Diesbezüglich fällt die Rückabwicklung über die ungerechtfertigte Bereicherung ausser Betracht. Wird der Umwandlungstheorie gefolgt, so findet die ungerechtfertigte Bereicherung nur noch im ausservertraglichen Bereich Anwendung.
Leistung aus nicht verwirklichtem Grund
Rechnet eine Partei mit einem zukünftigen Ereignis (bspw. Anzahlung) und tritt dieses Ereignis doch nicht ein, so handelt es sich um eine Leistung aus nicht verwirklichtem Grund. Auf zukünftige Ereignisse kann kein Irrtum vorliegen, weshalb bei Leistungen aus nicht verwirklichtem Grund nicht auf die Zahlung einer Nichtschuld (Art. 63 Abs. 1 OR) abzustellen ist (BGE 119 II 20 E. 2a), sondern auf die reguläre Regelung für die ungerechtfertigte Bereicherung.
Leistung aus nachträglich weggefallenem Grund
Bei der Leistung aus nachträglich weggefallenem Grund fällt die causa nachträglich weg. Dies führt zu einer ungerechtfertigen Bereicherung. Das Bundesgericht hat hierzu jedoch spezifiziert, dass falls es sich bei der Leistung um einen zunächst gültigen und erfüllten Vertrag handelt, der nachträglich ungültig wird, so hat die Rückabwicklung über die Umwandlungstheorie zu erfolgen (BGE 137 III 243 E. 4.4.7).
Grundsatz
Wird die ungerechtfertigte Bereicherung durch ein Verhalten des Bereicherten, eines Dritten oder durch einen Zufall herbeigeführt, so handelt es sich um eine Eingriffskondiktion. Das Ziel der Eingriffskondiktion liegt darin, den Gebrauch, Verbrauch sowie Nutzung von fremden Gütern auszugleichen. Die Eingriffskondiktion ist eine entwickelte Anspruchsgrundlage für die ungerechtfertigte Bereicherung und ist nicht im Gesetz erwähnt.
Widerrechtlichkeits- / Eingriffstheorie
Nach der Widerrechtlichkeits- / Eingriffstheorie, welche primär vom Bundesgericht vertreten wird, handelt es sich um eine ungerechtfertigte Bereicherung, wenn die Aktivität oder Passivität des Anspruchsgegners rechtswidrig war (BGE 129 III 422 E. 4). Demnach liegt eine Eingriffskondiktion vor, wenn eine Verletzung von fremden subjektiven Rechten vorliegt, für welche keine Rechtfertigungsgründe existieren.
Zuweisungstheorie
Definition
Der Grossteil der Lehre stellt sich auf die Zuweisungstheorie, wonach eine ungerechtfertigte Bereicherung vorliegt, wenn ein Recht seinem Inhaber zur konkreten Ausübung, Nutzung oder Verwertung ausschliesslich zugewiesen ist (BSK OR I, Schulin, 2011, Art. 62 N 19).
Absolute Rechte
Bei absoluten Rechte liegen keine Zuweisungsprobleme vor, da diese von Gesetzes wegen klar geregelt sind (bspw. Eigentum nach Art. 641 Abs. 1 ZGB).
Relative Rechte
Wurde einem Vertragspartner ein relatives Recht exklusiv zugewiesen, so kann dessen Verletzung durch einen Dritten eine ungerechtfertigte Bereicherung auslösen. Eine solche Zuweisung bei relativen Rechten ist aber nicht sehr häufig, wie bspw. bei der vertragswidrigen Untervermietung und dem daraus resultierenden Bereicherungsanspruchs des Vermieters (BGE 126 III 69 E. 2b).
Entreicherung
Gemäss neuerer Lehrmeinung stellt die Entreicherung keine notwendige Voraussetzung für die Eingriffskondiktion dar (BSK OR I, Schulin, 2011, Art. 62 N 8 f.).
Unechte Geschäftsführung ohne Auftrag
Die gutgläubige unechte Geschäftsführung ohne Auftrag führt aufgrund der Eingriffskondiktion zu einer ungerechtfertigten Bereicherung (Art. 62 ff. OR). Bei der bösgläubigen unechten Geschäftsführung ohne Auftrag konkurriert der Anspruch auf Gewinnherausgabe (Art. 423 OR) mit der ungerechtfertigten Bereicherung (Art. 62 ff. OR), welche nur den Wertersatz vorsieht, welcher in der Regel tiefer ist. Es lohnt sich demnach eher, auf die Gewinnherausgabe zu klagen.
In Natura
Die Bereicherung ist in natura zu leisten (BGE 110 II 228 E. 7d) und in vollem Umfang zu erstatten (Zur Gewinnherausgabe im schweizerischen Privatrecht, Nietlispach, 1994, 183). Es wird dabei zwischen dem vermögensorientierten Ansatz und der gegenständlichen Betrachtungsweise unterschieden. Beim vermögensorientierten Ansatz wird die Bereicherung mittels der Differenzhypothese berechnet, d.h. es wird die Differenz zwischen dem tatsächlichen und dem hypothetischen Vermögensstand, der ohne die Bereicherung vorliegen würde, herangezogen (BGE 133 V 205 E. 4.7). Bei der gegenständlichen Betrachtung (BGE 129 III 646 E. 4.2) wird nicht geschaut, welche Auswirkung die Bereicherung auf das Vermögen des Bereicherten hat, sondern der Einfluss auf den konkreten Gegenstand der Bereicherung. Angenommen, ein Umbau führt zu Kosten von 2’000.-, aber nur zu einer Wertsteigerung von 1’000.-, so kann nach der gegenständlichen Betrachtung 2’000.- gefordert werden und nach der vermögensrechtlichen Betrachtung lediglich 1’000.-.
Wertersatz
Objektiver Wertersatz
Ist eine Rückerstattung in natura nicht möglich, so muss der Bereicherte entsprechend Wertersatz leisten. Der Wertersatz richtet sich entweder nach dem objektiven Verkehrswert zum Zeitpunkt der Erlangung der Bereicherung oder zum Zeitpunkt der Erstattung der Bereicherung. Das Wahlrecht steht dem gutgläubigen Bereicherten zu. War dieser jedoch bösgläubig, so hat der Entreicherte das Wahlrecht. Damit soll verhindert werden, dass sich eine Wertänderung negativ auf den gutgläubigen Bereicherten auswirken kann (Art. 64 OR).
Subjektiver Wertersatz
Wurde dem Bereicherten die Bereicherung aufgedrängt, so hat er die Bereicherung nur in dem Umfang zurückzuerstatten, im dem sie für ihn werthaltig ist. Damit wird verhindert, dass sich der Bereicherte vorschreiben lassen muss, welche Veränderungen an seinem Vermögen vornehmen muss (Die Geschäftsführung ohne Auftrag, Schmid, 1992, N 907). Schneidet ein Gärtner nicht nur die Büsche des Auftragnehmers, sondern auch von dessen Nachbar, so ist dieser nur in dem Umfang zur Rückerstattung der ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet, indem der Schnitt für ihn von Wert ist.
Gewinn, Erlös und Aufwendungen
Erlös
Der Nutzen, den der Bereicherte aus der ungerechtfertigten Bereicherung gezogen hat, ist dem Entreicherten zu entschädigen. Dazu zählen sowohl ein Nutzungsentgelt als auch Zinsen (BGE 116 II 689 E. 3b bb).
Aufwendungen
Hat der Bereicherte Aufwendungen getätigt und muss er die Bereicherung in natura zurückgeben, so hat er mindestens Anspruch auf Ersatz der notwendigen Aufwendungen (Art. 65 Abs. 1 OR). Nützliche Verwendungen sind ihm zu ersetzen, wenn er in gutem Glauben war und zwar in dem Umfang, in welchem der Mehrwert zum Zeitpunkt der Rückerstattung noch vorhanden war (Art. 65 Abs. 1 OR). Für weitere Verwendungen kann er keinen Ersatz verlangen, darf diese aber wieder wegnehmen, falls dies ohne Beschädigung möglich ist (Art. 65 Abs. 2 OR).
Gewinn
Die ungerechtfertigte Bereicherung kennt keinen Anspruch auf Erstattung des erzielten Gewinnes, da es sich hierbei nicht um die Erstattung des Nutzens handelt. Ein allfälliger Gewinn ist demnach aus Geschäftsführung ohne Auftrag abzuschöpfen (Art. 423 OR).
Freiwillige und irrtumsfreie Bezahlung einer Nichtschuld
Definition
Bezahlt der Entreicherte freiwillig und irrtumsfrei eine Nichtschuld, so kann er sich nicht auf die ungerechtfertigte Bereicherung berufen (Art. 63 Abs. 1 OR)
Freiwilligkeit
Als freiwillige Leistung gilt, wenn keine Zwangslage vorlag, wonach die Zahlung nicht als einzig möglicher und zumutbarer Ausweg erscheint (BGE 123 III 101 E. 3b). Es gilt zu beachten, dass eine unfreiwillige Zahlung aufgrund der Unterlassung oder Beseitigung eines Rechtsvorschlags nach Art. 86 SchKG zurückzufordern ist.
Irrtumsfreiheit
Hat sich der Entreicherte zum Zeitpunkt der Leistung im Irrtum über seine Schuldpflicht befunden, der kann sich auf die ungerechtfertigte Bereicherung berufen. Der Irrtum über die Leistungspflicht muss nicht ein wesentlicher Irrtum sein, weshalb ein einfacher Motivirrtum genügt (BGE 129 III 646 E. 3.2). Hat sich der Entreicherte nicht geirrt, kann er sich folgerichtig nur dann auf die ungerechtfertigte Bereicherung berufen, wenn er eine unfreiwillige Leistung getätigt hat (BGE 123 III 101 E. 3a).
Kondiktionen
Die freiwillige und irrtumsfreie Bezahlung einer Nichtschuld ist auch auf Leistungskondiktionen anzuwenden (BGE 4A_47/2009 E. 2.1).
Erfüllung einer verjährten Schuld oder sittlichen Pflicht
Hat der Entreicherte eine verjährte Schuld bezahlt oder ist dieser einer sittlichen Pflicht nachgekommen, so entfällt ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung (Art. 63 Abs. 2 OR). Dasselbe gilt für die Erfüllung einer unvollkommenen Obligation, da der Empfänger die Leistung behalten darf.
Herbeiführen eines rechtswidrigen oder unsittlichen Erfolgs
Definition
Wurde die Vermögensverschiebung mit der Absicht durchgeführt, einen rechtswidrigen oder unsittlichen Erfolg herbeizuführen, so ist eine Rückforderung aus Kondiktion nicht möglich (Art. 66 OR).
Begrifflichkeiten
Als Absicht gilt der Vorsatz, nicht jedoch die Fahrlässigkeit. Das rechts- oder sittenwidrige Verhalten muss durch den Leistenden vorliegen. Ob auch der Empfänger rechts- oder sittenwidrig gehandelt hat, ist nicht relevant (BGE 102 II 401 E. 4b und E. 4c).
Gaunerlohn
Der Ausschluss der Klagbarkeit ist auf die Fälle des Gaunerlohns eingeschränkt. Als Gaunerlohn gelten diejenigen Leistungen, welche der Belohnung eines rechts- oder sittenwidrigen Handelns des Bereicherten dienen (Berner Kommentar OR, Rüedi, Art. 66 N 328 ff.). Weitere Leistungen, die aufgrund eines rechts- oder sittenwidrigen Vertrages erfolgt sind, sind nach neuer Praxis nicht mehr erfasst (BGE 102 II 401 E. 4).
Kondiktion
Der Ausschluss der Klagbarkeit ist nur bei Leistungskondiktionen und nicht bei Eingriffskondiktionen gegeben.
Vindikation
Wurde eine Sache geleistet, um einen rechtswidrigen Erfolg herbeizuführen, so wird die Regelung zum Gaunerlohn (Art. 66 OR) auf die Vindikation (Art. 641 Abs. 1 ZGB) analog angewendet (Berner Kommentar, Rüedi, Art. 66 N 530 ff.).
Konsequenzen
Der Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung ist nicht beseitigt, sondern bloss dessen Klagbarkeit ausgeschlossen (BGE 4C.163/2002 E.2.2). Dies ist zwingender Natur und von Amtes wegen zu beachten.
Grundsatz
Die ungerechtfertigte Bereicherung muss in natura zurückerstattet werden. Falls dies nicht möglich sein sollte, erfolgt die Rückerstattung als Wertersatz. Obwohl die Rückerstattung in vollem Umfang erfolgen muss, gibt es die Ausnahme der Einrede der Entreicherung (Art. 64 OR). Damit wird verhindert, dass der Bereicherte schlechter gestellt wird, als wenn er die Bereicherung gar nie erhalten hätte (BGE 82 II 430 E. 9b).
Varianten
Bereicherungsschaden
Hat der Bereicherte im Vertrauen auf die Endgültigkeit der Bereicherung Ausgaben getätigt, die er sonst nicht getätigt hätte, so liegt ein Bereicherungsschaden vor. Der Bereicherte muss dabei beweisen, dass er nicht wusste oder wissen musste, dass die Bereicherung ungerechtfertigt war (Art. 3 Abs. 2 ZGB). Liegt ein Bereicherungsschaden vor, so kann sich der Bereicherte auf die Entreicherungseinrede berufen (Art. 64 OR).
Ersparnisbereicherung
Hat der Bereicherte mit der ungerechtfertigten Bereicherung Ausgaben getätigt, die er auch ohne die Bereicherung bezahlt hätte, so liegt eine Ersparnisbereicherung vor. Bei der Ersparnisbereicherung kann sich der Bereicherte nicht auf die Entreicherungseinrede berufen (Art. 64 OR).
Beispiel
Simon erhält aus ungerechtfertigter Bereicherung 10’000.-. Er bezahlt damit eine Weltreise, die er schon seit Längerem geplant hat. Es liegt somit eine Ersparnisbereicherung vor und er kann sich nicht auf die Entreicherungseinrede berufen. Hat er jedoch die Weltreise spontan angetreten, da er unerwartet zu Geld gekommen ist, liegt ein Bereicherungsschaden vor und er kann die Entreicherungseinrede geltend machen.
Relative Verjährungsfrist
Die relative Verjährungsfrist beträgt ein Jahr und beginnt zum Zeitpunkt, indem der Entreicherte von seinem Anspruch Kenntnis erhält (Art. 67 Abs. 1 OR). Der Anspruch ist dann gegeben, wenn der Entreicherte über genügend Informationen zum Sachverhalt verfügt, so dass ihm eine Geltendmachung vor Gericht vernünftigerweise zugemutet werden kann (BGE 135 III 289 E. 7.1).
Absolute Verjährungsfrist
Die absolute Verjährungsfrist beträgt zehn Jahre und beginnt zum Zeitpunkt der Entstehung des Anspruches (Art. 67 Abs. 1 OR).
Einrede
Handelt es sich bei der Bereicherung um eine Forderung, so handelt es sich um eine unverjährbare Einrede (Art. 67 Abs. 2 OR).
Zweikondiktionentheorie / Saldotheorie
Nach der früheren Zweikondiktionentheorie wurde der Rückforderungsanspruch jeder Forderung für sich alleine betrachtet. Dies konnte jedoch zur Situation führen, dass eine der Parteien ihre Leistung in vollem Umfang zurückerhielt (bspw. durch Vindikation), aber ihre eigene Rückgabepflicht befreit war (bspw. aufgrund der Entreicherung). Nach der neueren Saldotheorie ist nur noch diejenige Partei bereichert, die per Saldo mehr erhalten hat. Das Bundesgericht hat sich noch für keine der beiden Theorien entschieden, hat jedoch die Anwendung der Saldotheorie ausgeschlossen, wenn die Gegenseite über einen Vindikationsanspruch verfügt (BGE 110 II 224).
Umwandlungstheorie
Gemäss einer Lehrmeinung sollen vollkommen zweiseitige Verträge nach der Umwandlungstheorie abgewickelt werden. Damit soll eine zufällige Güterallokation vermieden werden, da die Rückabwicklung nach vertraglichen Grundsätzen stattfindet und nicht über die Kondiktion sowie Vindikation. Damit wird der Anwendungsbereich der Kondiktion auf den ausservertraglichen Bereich beschränkt.
Unechte Geschäftsführung ohne Auftrag
Die gutgläubige unechte Geschäftsführung ohne Auftrag führt aufgrund der Eingriffskondiktion zu einer ungerechtfertigten Bereicherung (Art. 62 ff. OR). Bei der bösgläubigen unechten Geschäftsführung ohne Auftrag konkurriert der Anspruch auf Gewinnherausgabe (Art. 423 OR) mit der ungerechtfertigten Bereicherung (Art. 62 ff. OR), welche nur den Wertersatz vorsieht, welcher in der Regel tiefer ist. Es lohnt sich demnach eher, auf die Gewinnherausgabe zu klagen.
Vertrag
Wenn Ansprüche aus Vertrag vorliegen, so handelt es sich begrifflich um keine Bereicherung.
Vindikation
Der Anspruch aus Vindikation geht dem Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung vor (BGE 135 III 474 E. 3.3.1).
Delikt
Ansprüche aus Delikt und Kondiktion stehen zueinander in einer Anspruchskonkurrenz.
Oscar schliesst mit Paul einen Kaufvertrag, unterliegt jedoch einem Grundlagenirrtum, weshalb er den Vertrag für ungültig erklären lässt. Oscar gibt die von Paul erhaltene Ware aufgrund der Vindikation (Art. 641 Abs. 1 ZGB) wieder zurück. Da der Vertrag ex tunc für ungültig erklärt wurde, handelte es sich bei der Bezahlung des Kaufpreises durch Oscar um eine Leistungskondiktion in Form einer Leistung ohne gültigen Grund. Die Anwendung der Umwandlungstheorie wird vom Autoren verneint, würde jedoch zu einer Rückabwicklung Zug um Zug führen. Die ungerechtfertigte Bereicherung von Paul im Umfang des Kaufpreises ist in vollem Umfang zurückzuerstatten. Eine Rückerstattung in natura ist nicht möglich, da bei Geld eine Vermischung angenommen wird (Art. 727 Abs. 1 ZGB), weshalb Wertersatz im gleichen Umfang geschuldet ist (Art. 727 Abs. 3 ZGB). Eine mögliche Entreicherungseinrede von Paul wird nicht angenommen (Art. 64 OR).
Der Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung hat drei Voraussetzungen: Bereicherung des Bereicherungsschuldners, die Bereicherung stammt aus dem Vermögen des Bereicherungsgläubigers sowie die Bereicherung erfolgte in ungerechtfertiger Weise. Bei der Leistungskondiktion ist die ungerechtfertigte Bereicherung auf eine ungerechtfertigte Leistung des Entreicherten an den Bereicherten zurückzuführen. Wird die ungerechtfertigte Bereicherung durch ein Verhalten des Bereicherten, eines Dritten oder durch einen Zufall herbeigeführt, so handelt es sich um eine Eingriffskondiktion. Die ungerechtfertigte Bereicherung muss in natura zurückerstattet werden. Falls dies nicht möglich sein sollte, erfolgt die Rückerstattung als Wertersatz.
Das Gesetz sieht jedoch vor, dass bspw. beim Gaunerlohn oder der freiwilligen und irrtumsfreien Bezahlung einer Nichtschuld, kein Anspruch auf Rückerstattung besteht. Desweiteren steht dem Bereicherten die Einrede der Entreicherung beim Bereicherungsschaden, aber nicht bei der Ersparnisbereicherung offen. Die ungerechtfertigte Bereicherung unterliegt der einjährigen relativen und zehnjährigen absoluten Verjährungsfrist. Bei synallagmatischen Verträgen wird zwischen der Zweikondiktionentheorie und der Saldotheorie unterschieden, sowie teilweise die Anwendung der Umwandlungstheorie verlangt. Die ungerechtfertigte Bereicherung ist schlussendlich von anderen Ansprüchen, wie der Geschäftsführung ohne Auftrag zu unterscheiden.
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