Schutz des Familienunternehmens
Eine Vinkulierung von Aktien bedeutet einfach ausgedrückt, die Beschränkung ihrer Übertragbarkeit auf einen anderen Aktionär. Jedoch kann nicht in allen Fällen eine Vinkulierung vorgesehen werden. Namen- und Inhaberaktien unterscheiden sich auch in diesem Fall.
Vinkulierung bei Inhaberaktien?
Die Übertragung von Inhaberaktien kann nicht beschränkt werden. Es gibt also keine Vinkulierung bei Inhaberaktien. Dies macht auch Sinn, da in diesem Fall die Gesellschaft (noch) kein Wissen über die Aktionäre hat. Ab dem 1. Juli 2015 treten die revidierten GAFI-Empfehlungen in Kraft, welche vorsehen, dass der Erwerber von Inhaberaktien von nichtkotierten Gesellschaften den Erwerb, seinen vollständigen Namen oder Firma sowie seine Adresse innert Monatsfrist melden muss (Art. 697i Abs. 1 E-OR).
Vinkulierung bei Namenaktien?
Die Übertragung von Namenaktien hingegen kann durch die Gesellschaft eingeschränkt werden. Es gibt die gesetzliche und die statutarische Vinkulierung.
Gesetzliche Vinkulierung von Namenaktien
Nur in einem Fall kann die Übertragung von Namenaktien gesetzlich eingeschränkt werden, nämlich dann, wenn die Aktie nicht voll liberiert wurde. Und selbst in diesem Fall nur dann, wenn die Zahlungsfähigkeit des Erwerbers fragwürdig ist. (Art. 685 Abs. 2 OR)
Geht die Namenaktie jedoch mittels Erb-, Ehe- oder Zwangsvollstreckungsrecht über, so ist keine Vinkulierung möglich.
Statutarische Vinkulierung von Namenaktien
In den Statuten eines Unternehmens kann auch eine Vinkulierung für Namenaktien vorgesehen sein. Diese statutarische Übertragungsbeschränkung ist unterschiedlich geregelt für börsenkotierte und nicht börsenkotierte Aktien.
Ablehnungsgründe
Bei börsenkotierten Namenaktien bestimmt das Gesetz drei Ablehnungsgründe, nach denen eine Übertragung nicht anerkannt wird.
- Wenn es eine Prozentklausel in den Statuten gibt (Art. 685 lit. d Abs. 1 OR),
- wenn der Erwerbende auf Anfrage nicht erklärt, dass er die Wertpapiere in eigenem Namen und auch auf eigene Rechnung erworben hat (Art. 685 lit. d Abs. 2 OR),
- wenn Ausländer, aufgrund bestimmter Gesetze, abgelehnt werden können.
Wenn einer dieser drei Gründe zutrifft, so kann die Gesellschaft das Gesuch um Übertragung der Namenaktie ablehnen.
Aber Achtung: Selbst ohne Anerkennung durch die Gesellschaft, kann der Erwerber Eigentümer der Aktien und damit Aktionär werden. Ein Aktionär, welcher nicht anerkannt ist, kann nämlich alle Aktionärsrechte ausüben (bspw. Bezugsrecht), ausser das Stimmrecht und diejenigen Rechte, die damit zusammenhängen. (Art. 685 lit. f Abs. 2 OR)
Stimmrechte
Lediglich im Bezug auf das Stimmrecht entfaltet eine Vinkulierung bei börsenkotierten Aktien ihre Wirkung. Aktionäre, die nicht von der Gesellschaft anerkannt wurden, müssen als Aktionäre ohne Stimmrecht ins Aktienbuch eingetragen werden. (Art. 685 lit. f Abs. 3 OR)
Vermögensrechte
Vermögensrechte, wie beispielsweise das Dividendenrecht, stehen jedoch auch dem Aktionär ohne Stimmrecht zu.
Frist zur Anerkennung
Die Gesellschaft hat 20 Tage Zeit, um das Gesuch des Erwerbers an- oder abzuerkennen. Wird das Gesuch nicht innert 20 Tagen abgelehnt, so gilt es als angenommen. (Art. 685g OR)
Bei Ablehnung
Wird das Gesuch abgelehnt, so bleibt die Übertragung und der zugrunde liegende Kaufvertrag gültig. Es kann jedoch im Einzelfall geprüft werden, ob ein möglicher Grundlagenirrtum vorliegt (Art. 24 Abs. 1 Ziff. 4 OR), der zur Rückabwicklung des Kaufes berechtigen würde (Vindikation der Aktien nach Art. 641 ZGB sowie Kondiktion des Kaufpreises nach Art. 62 OR).
Voraussetzungen für Ablehnung
Wenn ein Unternehmen seine Namenaktien nicht an der Börse kotiert hat, so besteht in der Regel ein besonderes Interesse daran, dass nicht jedermann zum Kreise der Aktionäre gehören kann. Daher bestehen für solche nicht kotierten Aktien auch mehr Vinkulierungsmöglichkeiten. Voraussetzung hierfür ist:
- Eine statutarische Grundlage (Art. 685a Abs. 1 OR) und
- das Vorliegen eines explizit in den Statuten festgelegten wichtigen Grundes. (Art. 685b Abs. 1 OR)
Wichtiger Grund
Als wichtige Gründe gelten solche statutarische Bestimmungen, die eine Beschränkung der Übertragung zur Sicherstellung der Zusammensetzung des Aktionärskreises festlegen, wenn dies im Zusammenhang mit dem Gesellschaftszweck oder der wirtschaftlichen Selbständigkeit des Unternehmens gerechtfertigt ist. Reine Schikaneklauseln sind unzulässig.
Beispiel NZZ
Vinkulierungsbestimmungen der NZZ:
§ 3 Abs. 2
a) Die Aktien dürfen nur an volljährige natürliche Personen übertragen werden.
c) Der Verwaltungsrat kann einen Erwerber von Aktien als Aktionär ablehnen, wenn er keine der folgenden Eigenschaften nachweist: – Mitgliedschaft bei der Freisinnig-Demokratischen Partei der Schweiz (FDP) oder der Liberalen Partei der Schweiz (LPS). – Bekenntnis zur freisinnig-demokratischen Grundhaltung, ohne Mitglied einer anderen Partei zu sein.
d) Kein Erwerber darf mit mehr als 1% der Aktien im Aktienbuch eingetragen sein.
Escape-Clause
Eine Gesellschaft kann auch ohne Angabe eines Grundes die Übertragung einer Aktie verhindern. Dies geht im Rahmen der sogenannten Escape-Clause. In diesem Fall muss die Gesellschaft dem veräussernden Aktionär die Übernahme der Aktien zum wirklichen Wert anbieten. (Art. 685b Abs. 1 OR)
Stimmrechte
Bei nicht kotierten Namenaktien gehen Mitwirkungsrechte, wie eben das Stimmrecht, erst bei Eintrag in das Aktienbuch über. Findet eine solche Eintragung nicht statt, hat der Aktionär auch kein Stimmrecht. (Art. 685c Abs. 1 & 2 OR)
Vermögensrechte
Grundsatz
Vermögensrechte gehen bei Erb-, Ehe- oder Zwangsvollstreckungsrecht direkt auf den Aktionär über. Bei Übertrag durch ein Rechtsgeschäft gehen die Vermögensrechte allerdings nur über, wenn eine Eintragung ins Aktienbuch stattfindet. (Art. 685 lit. c Abs. 1 & 2 OR)
Unterschied zu börsenkotierten Aktien
Dies ist der grosse Unterschied zu vinkulierten börsenkotierten Aktien, bei den die Vermögensrechte auch ohne Zustimmung übergehen.
Konsequenz
Wer vinkulierte nicht-börsenkotierte Aktien kauft, darf bspw. erst an der GV teilnehmen, wenn die Übertragung anerkannt ist. Das Recht auf die Dividende bleibt daher noch solange beim Veräusserer.
Frist zur Anerkennung
Die Gesellschaft hat 3 Monate Zeit, das Gesuch um Zustimmung der Übertragung anzuerkennen. Bei fehlender Ablehnung gilt es nach drei Monaten als anerkannt. (Art. 685c Abs. 1 OR)
Bei Ablehnung
Wird die Übertragung abgelehnt, so fällt auch das zugrunde liegende Verkaufsgeschäft dahin, weshalb der Käufer ein Anrecht auf Rückabwicklung des Kaufs hat (Vindikation der Aktien nach Art. 641 ZGB sowie Kondiktion des Kaufpreises nach Art. 62 OR).
Definition
Dispoaktien sind „Zur Disposition stehende Aktien“. Von solchen Dispoaktien ist dann die Rede, wenn ein Aktionär börsenkotierte Namenaktien erworben hat, jedoch nicht im Aktienbuch der Gesellschaft eingetragen wurde. Denn aus der Sicht der Gesellschaft ist nur derjenige Aktionär, der auch im Aktienbuch steht. (Art. 686 Abs. 4 OR)
Entstehungsgrund
Dies kann dann vorkommen, wenn der Aktienerwerber kein Eintragungsgesuch stellt, was insb. bei passiven Anlegern der Fall ist, die selten bis gar nie vom Stimmrecht Gebrauch machen wollen.
Konsequenz
Dies hat zur Folge, dass der betreffende Aktionär nicht stimmberechtigt ist. Die Vermögensrechte (bspw. Dividenden) bestehen trotzdem. Dispoaktien sind bei vinkulierten nicht-börsenkotierten Aktien nicht möglich, da die Vermögensrechte dort von der Zulassung als Aktionär abhängen.
Gefahr
Dispoaktien können dazu dienen, eine feindliche Übernahme vorzubereiten, weshalb die Abschaffung von Dispoaktien primär vom Verwaltungsrat und der Geschäftsleitung angestrebt werden. Im Zusammenhang mit börsenkotierten Aktien sind jedoch die Meldepflichten bei Überschreitung der Schwellenwerte zu beachten. (Art. 20 BEHG)
Sowohl für börsenkotierte als auch für nicht börsenkotierte Namenaktien ist eine sogenannte Prozentklausel als Ablehnungsgrund zulässig. Dies heisst, dass pro Aktionär eine prozentmässige Begrenzung für den Erwerb von Namenaktien bestimmt werden kann. (BGer 4C.35/2007, E. 3.1)
Martha Günstig hat nun erfahren, dass jede Gesellschaft bei Namenaktien eine Vinkulierung vorsehen kann. Die Gesellschaft kann daher einen neuen Erwerber von Namenaktien ablehnen, wenn sie mit diesem nicht einverstanden ist und die nötigen Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Um sicher zu gehen, dass sie ihre Aktionärsrechte ausüben können wird, sollte sie sich vorher mit der Gesellschaft absprechen.
Eine Vinkulierung von Aktien bedeutet die Beschränkung ihrer Übertragbarkeit auf einen anderen Aktionär. Für Inhaberaktien ist keine Vinkulierung möglich. Bei Namenaktien müssen gewisse Voraussetzungen erfüllt sein, damit eine Übertragungsbeschränkung zulässig ist.
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